Fragen & Antworten

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WAS IST UNSERE PFLICHT IN DER ABWESENHEIT VON SADHU-SANGA

Frage: Da wir jetzt die Möglichkeit haben, mit Vaiṣṇavas im heiligen dhāma Gemeinschaft zu haben und von ihnen hari-kathā zu hören, sind wir sehr enthusiastisch. Aber bald müssen wir nach Hause, in unsere jeweiligen Länder zurückkehren, wo es solch eine Gelegenheit nicht gibt. Welche Art sādhana ist dort das Beste für uns, damit wir den Höchsten Herrn mit demselben Enthusiasmus erinnern und dienen, so wie hier?

Śrīla Bhāratī Gosvāmī Mahārāja: Nach der Gemeinschaft mit den Vaiṣṇavas ist es die Pflicht eines sādhakas, so gut wie möglich, je nach ihrer oder seiner Stufe, das Gehörte, das Gesehene und all das, was zu dieser Zeit im Herzen gespeichert wurde, zu praktizieren.

 Śrīla Kṛṣṇadāsa Kavirāja Gosvāmī hat im Śrī Caitanya-caritāmṛta (Madhya-līla, 22.69) erklärt:

 jāhāra komala śraddhā, se 'kaniṣṭha' jana
krame krame t
ẽho bhakta hôibe 'uttama'

"Jemand, dessen Vertrauen gering und leicht zu erschüttern ist, wird als Neuling bezeichnet. Indem er aber dem Vorgang folgt, wird er sich allmählich zur Ebene des erstklassigen Gottgeweihten erheben können."

Wenn ein sādhaka den Lehren und der Führung unseres ācāryas mit aufrichtigem Herzen folgt, dann wird er schließlich im Vaiṣṇava sadācāra (Umgang) und Siddhānta (philosophische Prinzipien) fest etabliert, auch wenn er erst vor kurzem mit sādhana-bhajana begonnen hat.

DIE WAHRE BEDEUTUNG VON SANKIRTANA


Frage: Ich habe in den sāstras gesehen, dass manchmal das Wort kīrtana verwendet wurde, um auf das Singen von harināma zu verweisen, während an anderen Stellen das Wort saṅkīrtana verwendet wurde. Was ist die Bedeutung des Wortes saṅkīrtana?


 Śrīla Bhāratī Gosvāmī Mahārāja: In seinem Bhakti-Sandarbha (Annucheda 269) hat Śrīla Jīva Gosvāmī den Begriff saṅkīrtana als "bahubhir militvā kīrtanaṁ saṅkīrtanam ity ucyate – definiert: „Wenn viele Devotees zusammenkommen und kīrtana ausführen, heißt es saṅkīrtana."

 An anderer Stelle, in seinem Krama-sandarbha hat er es auch als "saṅkīrtanaṁ bahubhir militvā tad-gāna-sukhaṁ śrī-kṛṣṇa-gānam-saṅkīrtana beschrieben: „Wenn viele Devotees sich versammeln und mit festem Glauben die Namen Śrī Kṛṣṇas zu Seinem Vergnügen singen."


Śrī Śrīmad Bhakti Rakṣaka Śrīdhara Gosvāmī Mahārāja hat das Wort weiter erklärt:

 Samyak rasera kīrtana, kīrtana, in dem alle rasas enthalten sind. Mādhurya-rasa, die eheliche Gemütsstimmung umfasst alle anderen rasas, nämlich śānta (Neutralität), dāsya (die des Dieners), sakhya (Freundschaft) und vātsalya (elterlich). In saṅkīrtana werden alle rasas in Bezug auf mādhurya-rasa ausgedrückt.


Nur in Śrī Kṛṣṇas Inkarnation als Vrajendra-nandana Śrī Kṛṣṇa, existieren alle diese fünf rasas in Vollkommenheit und nicht in Seinen anderen Inkarnationen wie Śrī Rāmacandra, Nṛsiṁhadeva und so weiter oder sogar in Dvārakādīśa Kṛṣṇa. Deshalb besteht saṅkīrtana nur aus den Namen von Śrī Kṛṣṇa, und nicht seinen avatāras oder Erweiterungen.


Im ersten Vers vom Śrī Śikṣāṣṭakam hat Śrī Caitanya Mahāprabhu uns ausdrücklich angewiesen, śrī kṛṣṇa-saṅkīrtanam auszuführen und nicht nur kṛṣṇa-saṅkīrtanam. Der Begriff śrī kṛṣṇa-saṅkīrtanam bedeutet, kīrtana der Namen von Kṛṣṇa die mit Śrī verbunden sind. Hier bezieht sich der Name 'Śrī' auf sarva-lakṣmīmayī Śrī Rādhikā. Nur wenn Śrīmatī Rādhikā an der Seite Śrī Kṛṣṇas ist, ist "Kṛṣṇa" Sein korrekter Name und Er kann so genannt werden.

 Ohne Sie ist er nur "Bakāri", der Töter des Dämons Bakāsura. Dies wurde von unserem purva-ācārya Śrīla Raghunātha dāsa Gosvāmī in seinem Śrī Vilāpa-kumsumāñjali (102) erwähnt:


  aśābharair amṛta-sindhumayaiḥ kathañcit
  kālo mayāti-gamitaḥ kila sāmprataṁ hi
  tvaṁ cet kṛpāṁ mayi vidhāsyasi naiva kiṁ me
  prāṇair vrajena ca varoru bakāriṇāpi?

Oh, Śrīmatī Rādhikā! Nur die Hoffnung auf den Nektar gleichen Ozean von sevā zu Dir und der darsana Deiner Spiele hält mich mit großer Mühe am Leben. Aber wenn Du mir jetzt nicht gnädig bist, was nützt dieses Leben, das Land von Vraja und sogar Bakāri (der Feind von Bakāsura) noch?

Śrī Kṛṣṇadāsa Kavirāja Gosvāmī erklärt im Śrī Caitanya-caritāmṛta (Ādi-līlā 4.13):


ataeva viṣṇu takhôna kṛṣṇera śarīre
 viṣṇu-dvāre kare kṛṣṇa asura-saṁhāre


Vṣṇu ist im Körper von Kṛṣṇa gegenwärtig. Durch Viṣṇu tötet Kṛṣṇa alle Dämonen.


Śrīla Bhaktivinoda Ṭhākura hat Śrīla Raghunātha dāsa Gosvāmīs Gefühle in seinem Gitāvalī (Śrī Rādhāṣṭaka 8.1, 3) wiederholt:

rādhā-bhajane ĵadi mati nāhi bhelā
kṛṣṇa-bhajana tava akāraṇa gelā


Wenn der Wunsch, Śrī Rādhā zu verehren nicht in deinem Herzen entsteht, dann ist es umsonst Kṛṣṇa anzubeten.


kevala mādhava pūjaye, so ajñānī
rādhā-anādara karôi abhimānī


Einer, der nur Mādhava anbetet ist unwissend und Einer der Śrī Rādhā nicht respektiert ist einfach eingebildet.

DAS TIEFGREIFENDE SIDDHANTA UND TIEFEMPFUNDENE GEMÜTSSTIMMUNGEN KÖNNEN NUR DURCH SADHU-SANGA VERSTANDEN WERDEN

Frage: Wir haben erfahren, dass sich die Formen von Śrī Kṛṣṇa, Baladeva und Subhadrā-devī in Jagannātha Purī manifestiert haben, weil sie aṣṭa-sāttvika vikāra  (achtfache Symptome der transzendentalen Ekstase) erfuhren, als sie hörten, wie  Rohiṇī-Maiyā von den Herrlichkeiten der Vrajavāsīs  sprach. Wie ist es möglich, dass Subhadrā-devī, die dvārakā-parikāra ist (Eine Gefährtin des Herrn in Dvaraka-dhama) und nicht eine vraja-parikāra (Eine Gefährtin des Herrn in Vraja-dhāma), dieselben Symptome von vraja-prema entwickelt, wie Śrī Kṛṣṇa und Baladeva?


Śrīla Bhāratī Gosvāmī Mahārāja:

Alle vigrahas (Formen Gottes) von Bhagavān haben sich in dieser Welt manifestiert, um den Lebewesen Gnade zu erweisen. Das Wort vigraha besteht aus zwei kleineren Wörtern: vi und graha. Das Wort vi steht für viśeṣa (speziell), und graha bedeutet grahaṇa (zu akzeptieren). So bedeutet das Wort vigraha, dass der Herr Opfer in besonderer Weise durch seine Manifestation als vigraha akzeptiert. Diese Themen kann man ohne die Gemeinschaft von Gottgeweihten nicht verstehen. Obwohl wir von den Vaiṣṇavas hören, und wir mögen auch völlig davon überzeugt sein, dass Śrī Kṛṣṇas und Śrī Balarāmas Formen in Purī als Jagannātha und Baladeva, Manifestationen des prema-vikāra (körperliche Transformation aus Liebe) sind, weil Sie vom Ruhm der Vrajavāsis hörten, sind wir immer noch unfähig zu verstehen, warum Śrī Subhadrā-devī, die ein dvārakā-parikara ist, denselben vraja-rasa erlebte. Warum ist das so?  


Ich werde ein paar Beispiele geben, damit Ihr es besser verstehen könnt.  Zur Zeit meines guru Mahārājas wurde bei dem Ratha-yātrā  (dem Wagenfest in Jagannath Puri Anm. d. Übers.) vom Festival-Management ein spezieller Bereich für den kīrtana der Devotees ausgewiesen, damit sie ungestört waren. Kein anderer durfte dieses Gebiet betreten.

Einmal vollführten die Devotees von der Gauḍīya Maṭha in diesem Bereich kīrtana unter der Führung meines paramārādhyatama Guru Mahārāja, Śrī Śrīmad Bhakti Dayita Mādhava Gosvāmī Mahārāja. Auf dem Wagen wurden die sevakas von Lord Jagannātha so ekstatisch als sie den kīrtana hörten, dass sie guru Mahārāja auf ihre Schultern hoben und ihn gewaltsam auf den Wagen des Herrn hoben. Zur gleichen Zeit tanzte und sang Śrī Śrīmad Bhakti Pramoda Purī Gosvāmī Mahārāja vor dem Wagen, versunken in der Gemütsstimmung der vraja-gopīs wenn sie sich mit Śrī Kṛṣṇa in Kurukṣetra treffen:


sei ta parāṇa-nātha pāinu

 ĵāhā lāgi’ madana-dahane jhuri’ genu


Śrī Caitanya-caritāmṛta (Madhya-līlā, 13.113)


,,Jetzt habe Ich den Herrn Meines Lebens wiedererlangt, in dessen Abwesenheit ich vom Liebesgott verbrannt wurde und fast verdorrte.“


Während Śrīla Purī Gosvāmī Mahārāja vollkommen im kīrtana versunken war, erlebten alle Gottgeweihten um ihn herum die gleiche Gemütsstimmung wie er, und waren überglücklich. Ein Taschendieb nutzte diese Gelegenheit, um Śrīla Purī Gosvāmī Mahārājas Portemonnaie aus seiner Tasche zu stehlen. Die meisten Devotees waren im kīrtana vertieft und bemerketen es nicht, aber ein brahmacāri sah es, rannte los und fing den Taschendieb.

Während der brahmacāri den Dieb festhielt, versuchte er die Aufmerksamkeit von Śrīla Purī Gosvāmī Mahārāja auf sich zu ziehen, aber Śrīla Mahārāja war so im kīrtana vertieft, dass er nicht auf die Worte des brahmacāris achtete. Als der brahmacāri immer weiter darauf beharrte, wurde Śrīla Mahārāja sehr ärgerlich und schalt ihn: „Warum störst du mich? Lass ihn das Geld nehmen! Geld kommt und geht, aber die Gemütsstimmung, die wir gerade in diesem Moment erfahren, kommt vielleicht nie wieder. Ein anderes Mal, im Jahr 1956, sang mein Guru Mahārāja einen Bengali kīrtana vor dem Ādi-keśavadeva Tempel während des vraja-maṇḍala parikramā:


ohe! vrajavāsī torā bole dā
 kothā gele kṛṣṇa pābo


Oh Vrajavāsīs! Bitte sagt mir, wo ich hingehen soll, um Kṛṣṇa zu treffen.

Weil die Mehrheit der anwesenden Devotees in diesem kīrtana keine Bengalis waren, konnten sie die Bedeutung dieser Worte nicht verstehen. Trotzdem rannen Tränen aus ihren Augen. Früher habe ich nie in kīrtanas getanzt, aber die Kraft von diesem kirtana war so, dass ich zu tanzen begann, ohne Planund ohne dasgeringste Verlangen; es war, als ob mich etwas zum Tanzen zwang. Nachdem  Guru Mahārājas kīrtana beendet war, näherte sicheine mātā-jī aus Jagadhari (in Punjab) mit dem Namen Mitrarāṇī,Śrī Śrīmad Bhakti Vikāśa Hṛṣīkeśa Gosvāmī Mahārāja, ein Schüler von Śrīla Prabhupāda und fragte: "Könnten Sie mir bitte die Bedeutung des kīrtana erklären, den Guru Mahārāja gerade gesungen hat?”

Nachdem Śrīla Hṛṣīkeśa Gosvāmī Mahārāja ihr die Bedeutung erklärt hatte, sagte sie: „Die Glückseligkeit, die wir alle, während dieses kīrtana gespürt hatten, war unbeschreiblich. Aber nachdem ich die Bedeutung gehört habe, dringt dieselbe Art von Glückseligkeit nicht mehr in mein Herz. Warum ist das so?" In dem Moment fragte ich sie: „Mātā-jī, wenn du die Bedeutung von dem kīrtana nicht kanntest, warum hast du dann geweint, als du ihn gehört hast?"
Sie antwortete: " Eigentlich weiß ich das nicht. Während ich den kirtana gehört habe, kamen die Tränen ganz automatisch. Es war ganz natürlich. "

Durch diese beiden Spiele können wir verstehen, dass, wenn praṇayi-bhaktas, wie Śrī Śrīmad Bhakti Pramoda Purī Gosvāmī Mahārāja und mein paramārādhyatama Guru Mahārāja, die Glückseligkeit der Begegnung oder den Schmerz der Trennung fühlen, auch alle Devotees um sie herum, davon betroffen sind. Wenn eine Klimaanlage oder ein großes Feuer in der Nähe ist, ist es nicht notwendig nahe heranzugehen, um die Wirkung zu spüren. Den kühlenden oder heizenden Effekt kann man auch in einiger Entfernung spüren. Auch wenn eine Mutter ihr Kind gebärt oder verliert, spürt sie Glückseligkeit oder weint bitterlich. In dem Moment braucht man keine Sprache, um ihr Glück oder Leid zu verstehen. Wer auch immer ihr nahe kommt spürt ihre Gemütsstimmung und fühlt ihre Freude oder ihr Leid. Die Lehre in diesen Beispielen kann auf die Spiele angewendet werden, in dem Śrī Kṛṣṇa und Śrī Baladeva versuchen, in den Versammlungsraum einzutreten, wo Rohiṇī Maiyā über die liebenden Beziehungen zwischen Śrī Kṛṣṇa und den Vrajavāsis spricht. Śrī Subhadrā-devī stand Wache an der Tür und hielt ihre beiden Brüder davon ab, das Zimmer zu betreten. Obwohl sie gezwungen waren draußen zu bleiben, konnten Sie etwas von  Rohiṇi Maiyās kathāhören, also pressten die beiden ihre Ohren gegen die Tür. Als sie dieses vraja-līlā-kathā hörten, begannen die transzendentalen Körper von Śrī Kṛṣṇa und Śrī Baladeva Symptome von intensivem prema zu manifestieren.

Nur durch die Nähe zu Ihnen, wurde auch Śrī Subhadrā-devī überwältigt von den Symptomen, die sich in Ihren transzendentalen Körpern manifestierten. Wegen Ihrer Nähe zu Śrī Kṛṣṇa und Śrī Baladeva, die beide im vraja-rasa vertieft sind, wurde Sie von diesen bhāvas befallen und war in der Lage die erhabenen Symptome des prema zu manifestieren, obwohl Sie eine Bewohnerin von Dvārakā ist.

YUKTA- VAIRAGYAA ( RICHTIGE ENTSAGUNG)

Frage: Was bedeutet der Begriff yukta-vairāgya?

Śrīla Bhāratī Gosvāmī Mahārāja: Wegen seiner natürlichen Entsagung, trug Śrī Śrīmad Bhakti Hṛdaya Vana Gosvāmī Mahārāja seit vielen Jahren niemals Schuhwerk während er in der Matha lebte. Sein spiritueller Meister, Śrīla Bhaktisiddhānta Sarasvatī Gosvāmī Ṭhākura Prabhupāda, wollte ihn einmal ins Ausland schicken, um die Mission von Śrī Caitanya Mahāprabhu zu predigen. Śrīla Prabhupāda forderte seinen Schüler Śrī Kuñja-bihārī Vidyābhūṣaṇa Prabhu (später bekannt als Śrī Śrīmad Bhakti Vilāsa Tīrtha Gosvāmī Mahārāja, nach der Annahme von sannyāsa) auf, nach Kolkata zu gehen und das teuerste Paar Schuhe für Śrīla Vana Gosvāmī Mahārāja kaufen soll. Śrī Kuñja-bihārī Vidyābhūṣaṇa Prabhu kaufte ein Paar für zweiunddreißig Rupien (ein sehr hoher Preis zu jener Zeit) in Kolkata und brachte sie zur Maṭha. Śrīla Prabhupāda sagte zu ihm: "Gib diese Schuhe Vana Mahārāja und bitte ihn, zu mir zu kommen, wenn er diese Schuhe trägt." Nachdem Śrī Kuñja-bihārī Vidyābhūṣaṇa Prabhu, Śrīla Vana Gosvāmī Mahārāja über Śrīla Prabhupādas Wunsch unterrichtete zog Śrīla Vana Gosvāmī Mahārāja  die Schuhe an und ging zu Śrīla Prabhupāda. Als er ihn mit diesen Schuhen sah, sagte Śrīla Prabhupāda: "Heute ist dein vairāgya (Entsagung) vollkommen, weil du sogar deiner Entsagung entsagt hast, für den Dienst zum allerhöchsten Objekt – dem Dienst zu Śrīman Mahaprabhu." Alles das was günstig ist für den Dienst von Bhagavān und Seinen Devotees zu akzeptieren und alles was ungünstig ist für den Dienst von Bhagavan abzulehnen, ist die wahre Definition von yukta-vairāgya.

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