Jenseits von Logik und Intellekt

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Irren ist menschlich. Der Mensch kann gelehrt und intelligent sein noch und noch – gegen Irrtümer und Dummheiten ist er nicht gefeit. Deshalb tut auch der größte Denker gut daran, sich von Zeit zu Zeit einzugestehen, daß die Menschennatur fehlbar ist, zumal wenn er versucht, dem Spirituellen und Ewigen mit empirischem Wissen zu Leibe zu rücken.

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Dem menschlichen Intellekt – obschon die stolze Zierde unserer Gattung – sind seine natürlichen Grenzen gesetzt: zwar hat die Natur den einen oder anderen überdurchschnittlich mit Köpfchen gesegnet, dennoch aber ist der Geist dem Wandel unterworfen. Theorien, für die man heute die Fahnen schwingt, gehören morgen schon zum alten Eisen, Tag für Tag kann man erleben, wie gepriesene Wahrheiten – von berühmten Männern aufgestellt – sich als nicht ganz so wahr entpuppen. Oder man bedenke, wie oft der gleiche Geist das eine Mal bessere, und das andere Mal schlechtere Arbeiten abliefert. Dogmatiker dürfen also schweigen.

Unsere physische Gesundheit wird von Jahreszeit und Wetter beeinflußt und ändert sich wie der zu- und abnehmende Mond. Genauso wandelt sich auch die Verfassung der Psyche, sie steigt und fällt wie Quecksilber im Barometer, einen Moment klar wie der wolkenlose Himmel, im nächsten trüb wie der dickste Nebel. Wie weit kann man diesem Intellekt trauen? Womit rechtfertigt er unseren Lobgesang auf seine Allmacht? Das Flatterhafte unseres vergänglichen Seins, das Instabile der menschlichen Weisheit sollte allen Hochmut verstummen lassen und uns Bescheidenheit lehren.

Oft übersehen Philosophen diesen Punkt. Weil sie auf ihre eigenen geliebten Ideen eingeschworen sind, geht ihnen der neutrale Blick verloren. Es ist solche Voreingenommenheit, die fast ausnahmslos als dicker Fels den Pfad der Wahrheit versperrt und unserer Vernunft verbietet, über den Tellerrand hinaus zu schauen – arm dran ist der Mensch, wenn er so in engen Vorstellungen befangen ist, seine Urteilskraft kläglich ihres Werts beraubt. Wie kann er sich diese Blamage ersparen? Er muß seine Vorurteile bewußt aufgeben, unbefangen und objektiv einem Anliegen sein Ohr leihen, bevor er es lässig vom Tisch wischt.

Es ist kein Geheimnis, daß körperliche Gesundheit und Zustand der Organe sich auf die Kraft des Geistes auswirken: das Alter macht uns das oft genug schmerzhaft bewußt. Der Verstand ist mit der Materie untrennbar verbunden. Darum kann er über die phänomenale Existenz nicht hinaus und hat keinen Zugang zur spirituellen Sphäre – die Tür zur Transzendenz ist versperrt für alle, die mit vorgefaßten Meinungen und dem trüben Licht weltlicher Weisheit dort anklopfen wollen.

Regeln und Gesetze der materiellen Welt haben im Bereich der Ewigkeit keinen Bestand, Raum und Zeit, wie man sie hier kennt, existieren dort nicht. Materielle Sinne können sich der Transzendenz nicht nähern. Wo ist der Utopist, der Grenzpfosten setzen will, die spirituelle Welt abzustecken; wer würde zum Senkblei greifen, um den mystischen Raum auszuloten? Können Zahlen es erfassen oder kann man Länge und Breite des Unbegrenzten abmessen? Der Theist wird hier das Wirken des höchsten Autokraten würdigen, der festgelegt hat: So und nicht anders ist Meine Welt – und was immer unverbesserliche Atheisten einwenden oder von Zweifeln getrieben veranlassen mögen, kann ihn davon nicht abbringen.

Auch der größte Gelehrte und intellektuelle Gigant, der beste Redner und erfahrenste Mensch muß am Eingang zur Göttlichkeit klein beigeben und geeignete Führung suchen, um vorwärts zu kommen. Bevor sich die spirituelle Dimension öffnet, muß er mit dem weltlichen Leben abschließen – er muß alles andere zurücklassen und sich dem Vorgang des Hörens unterordnen, will er auch nur einen flüchtigen Blick auf das mysteriöse Prinzip der Transzendenz werfen.

Eine Lampe (hier das empirische Wissen) kann von Nutzen sein, etwas im Dunklen (wie der phänomenalen Welt) zu beleuchten, aber sie wird überflüssig, wenn die Sonne hell scheint. Es ist zweifellos grotesk, die Sonne mit Hilfe der Lampe finden zu wollen, verdankt das Licht doch die eigene Leuchtkraft dem Stern. (Vedische Wissenschaft beschreibt, daß alle Leuchtkörper ihre Energie direkt oder indirekt von der Sonne beziehen.) Gott leuchtet aus Sich selbst heraus, Seine Kräfte sind mit Ihm identisch. Im materiellen Bereich sind die Person und ihre Attribute voneinander verschieden, eine Sache ist mit ihren Eigenschaften, wie Name, Form und Bewegungen nicht gleichzusetzen. Spirituelle Wahrheit aber ist von anderer Art: jedes spirituelle Wesen ist mit seinem Namen, seinem Körper, seinen Eigenschaften und Tätigkeiten eins. Weil westliche Philosophen in der Regel die Psyche mit dem Selbst, den Geist mit der Seele verwechselten, blieb es ihnen versagt, sich über die Materie und das zu ihr in Beziehung stehende zu erheben.

Die Grenzlinie zwischen Geist und Seele wurde von Krishna, dem obersten Prinzipal selbst gezogen. Er erklärte in der Bhagavad-gita (7.4): „Die äußere Hülle, der physische Körper, wird von fünf Arten von Elementen geformt: den festen, flüssigen, feurigen, gasförmigen und ätherischen. Und drei weitere Elemente bilden die psychische Umhüllung, den Astralkörper, namentlich: Geist (das Fühlen und Wollen, die innere Stimme, die alles in gut oder schlecht unterteilt und entweder haben will oder ablehnt), Intelligenz (die rationale kognitive Fähigkeit des Denkens, mit der Kraft versehen, Gefühle und Begehren im Zaum halten zu können) und falsches Ego (das illusorische Konzept von wer oder was man ist). Diese acht Substanzen zählen zum schöpferischen Prinzip der Materie, während die Seele – als atomares Fragment der göttlichen Allseele – aus anderem Stoff gefertigt ist. Aus welchem Stoff? Aus einer Energie, die Wesen produziert, welche zwar von Natur aus spirituell, aber doch anfällig sind, von Illusion verzaubert zu werden: nämlich dann, wenn sie ihre Stellung als Gottes Diener vergessen.“

Gott besitzt unermeßliche Kräfte, die die Veden in drei Hauptenergien einteilen: (1) Cit-Shakti ermöglicht die spirituelle Existenz und manifestiert die transzendentale Welt, (2) Maya-Shakti wird zur Ursache der uns vertrauten materiellen Phenomena, und (3) Jiva-Shakti erzeugt die Lebewesen, die Seelen, denen ihrem Wesen nach ein Platz zwischen der materiellen und spirituellen Existenz zukommt. Seelen sind so konstruiert, daß sie von Maya-Shakti bezaubert werden können. Ihre Machtgier wird ihnen zum Verhängnis, wenn sie nicht von spiritueller Energie beschützt sind – falls sie sich jedoch entschließen, ihrem Meister zu dienen, werden sie vor Maya (der Illusion) bewahrt (und damit auch vom Leid dieser Welt) und dürfen als ewige Diener ins transzendentale Reich.

Das in Materie vertiefte Lebewesen liefert sich selbst seinem Geist aus. Anders ausgedrückt: das Sentiment verdrängt die Seele von ihrem Platz als König im Körper und benutzt die Sinne fortan, das Vergängliche zu genießen. Im Grunde aber ist die Seele Herr von beiden: von Körper und Geist, und wenn sie – obschon umnachtet – sich auf ihre eigentliche Stellung besinnt, wenn sie über diese hört und danach strebt, sie zu erreichen, werden Geist und Körper wieder fügsam und folgsam und helfen ihr dabei, das spirituelle Ziel anzusteuern. Der dem Materiellen ergebene Geist ist dazu verdammt, im Schlamm dieser Welt zu wühlen – den vom Druck grober Materie befreiten Geist aber zieht es zurück nach Hause, zurück zu Krishna. Ein Abgrund liegt zwischen dem Geistigen und der Transzendenz – ein Abgrund, den allein spirituelle Praxis überbrücken kann.

So mancher Philosoph, der die Existenz des Spirituellen verleugnete, wird als brillanter Kopf gefeiert. Uns geht es hier aber nicht um Logik und trockene Argumente, uns geht es um jene Wahrheit, die von den Aufrichtigen intuitiv als solche erkannt wird: ein Bereich, in dem der Intellekt versagt und Kapitulation vor Gott triumphiert.

Theistische Philosophen haben erkannt, daß sämtliche Fehler, die uns unterlaufen, zurückzuführen sind auf: (1) gewöhnliche Irrtümer, (2) die Vernebelung des Geistes oder die Illusion, in der wir stecken, (3) die Begrenztheit unserer Sinne, und (4) den Hang zum Betrug. Diese vier Unvollkommenheiten sind schuld, daß unsere genialsten und tiefsinnigsten Pläne scheitern. (1) Die klassische Fehleinschätzung: Wir halten Schande für ruhmreich oder Verlust für Gewinn. (2) Wir mißverstehen etwas, obwohl die Wahrheit wie die helle Sonne auf uns scheint. (3) Die Sinne, mit denen wir uns behelfen, sind von Natur aus fehlerhaft und liefern unvollkommene Informationen: so können wir ohne Hilfsmittel im Dunklen nichts sehen, ohne Mikroskop die Bakterien im Wasserglas nicht einmal erahnen. (4) Eine generelle Neigung zum Betrug schleicht sich ein, wenn wir unsere subjektive Meinung vehement als endgültige Wahrheit anpreisen. Jedermann fällt solchen Fehlern zum Opfer. Die einzigen Ausnahmen sind der höchste Allmächtige und Seine erleuchteten Gefährten, die aus absoluter Wahrheit schöpfen. Gott ist allwissend, allmächtig, allgegenwärtig und allezeit glücklich; keiner kommt Ihm gleich oder übertrifft Ihn und Seine Kräfte sind unbegrenzt. Aus eigenem freien Willen – indem Er von Seinen Privilegien Gebrauch macht – erscheint Er unseren Augen als Avatar oder sogar in einem Bild oder einer Statue: Er verläßt Sein Land permanenter Seligkeit und nimmt menschliche Gestalt an, gerade dann, wenn wir der Hilfe am meisten bedürfen – oder aber Er schickt Seine persönlichen Gefährten, die frei befugt sind, an Seiner Statt zu handeln.

Wenn der Theismus dem Pantheismus, Atheismus, Skeptizismus und Agnostizismus weichen muß, führen Irreligion, Heuchelei und Gewissenlosigkeit die Erde in ein Chaos. Entartetes Tun und seine Folgen wachsen den Menschen über den Kopf, zwingen ihnen wider ihren Willen endlose Probleme auf und zerren sie in einen Strudel. Das ist die Zeit für den Höchsten, zu erscheinen. Er kommt, um die Gesellschaft aus den Krallen des Lasters zu retten und um für Ordnung und Frieden zu sorgen. Er kann vor uns sichtbar und zur selben Zeit überall sein, gleichzeitig innerhalb und außerhalb des Universums: alle Arten widersprüchlicher Kräfte und Energien existieren harmonisch in Ihm, beherrscht von Seinem supranaturalen Selbst. In Seiner Majestät, Macht und Herrlichkeit, mit Seiner Schönheit, Weisheit und unbestrittenen Suprematie regiert er das ewige spirituelle Reich, und zugleich existiert Er in ganzer Fülle in allem Erschaffenen und an jedem Ort. Als allwissender Urheber der Natur ist Er nur Sich allein verpflichtet, steht selbst aber über der Natur und ihren Gesetzen, denn alles hat seinen Ursprung einzig in Seinem Willen und Seiner Kraft.

Der Höchste Herr, Krishna Caitanya, ist Dreh- und Angelpunkt allen Seins – spirituell wie materiell. An diesem Mittelpunkt erstrahlt ewige Harmonie direkt neben Ihrem unübertroffenen Meister, der absoluten Wahrheit. Die Unterweisungen des Höchsten sind universal, das heißt, sie sind immer und für jeden relevant. Krishnas Worte sind transzendental, aber dennoch nehmen sie in den Veden Gestalt an: in der Bhagavad-gita, den Upanishaden, dem Bhagavad Purana und anderen Texten. In spirituellen Angelegenheiten sind die Schriften allein Beweis. Glücklich daher die, die auf die Veden zurückgreifen und sie anwenden; vedisches Wissen ist nicht für spezielle Personen, Sekten oder Kasten bestimmt, es ist gedacht für die Menschheit an sich – im Grunde für alle Seelen.

Die Veden befassen sich nicht mit Teil- und Scheinwahrheiten, ihnen geht es um absolute, unanfechtbare Realität. Sobald wir durch die Gnade des Allmächtigen zur absoluten Ebene erhoben werden, vereinen sich widerstreitende Interessen und gegensätzliche Gefühle in höchster Harmonie. Frieden zieht ins Herz ein und wir leben in unverbrüchlicher Gemeinschaft mit dem transzendentalen höchsten Wesen – ein Leben in fortwährender Freude, Frieden und Erfolg, in dieser Welt und der nächsten.

Wie auf diese Ebene kommen? Das ist die Kardinalfrage! Die göttliche Sphäre wird nur zugänglich, wenn spirituelles Licht uns leuchtet, genauer: die spirituelle Ausstrahlung einer Persönlichkeit, die mit dem Prinzip der Transzendenz vertraut ist. Und damit sind wir beim Punkte Guru: dem echten spirituellen Führer und geliebten und vertrauten Gefährten des Höchsten. Der Guru erscheint unter uns in Gestalt eines Menschen. Er reißt die schlummernden Seelen aus den Fängen der Illusion, flößt ihnen spirituelle Kraft ein, mit der sie erfolgreich durchs Leben steuern können und bringt die Verirrten zurück an ihren rechten Platz im ewigen Dienst des Herrn – mit allen Rechten und Privilegien, die diese Stellung mit sich bringt. Geschätzte Freunde: Fühlt Ihr nicht tief in Euch das Bedürfnis nach einem solchen Kameraden, den Wunsch nach dem wahren, aufrichtigen Freund, der uns in gut und schlecht beisteht und uns die Kraft gibt zu siegen, obwohl wir verdammt sind, zu versagen – zu versagen trotz (oder vielleicht gerade wegen) unserer eigenen Weisheit und Urteilskraft?

Die nächste Frage ist dann: Wo kann ich ihn finden? Wird er sich überhaupt für mich interessieren? Doch keine Sorge. Wenn man aufrichtig und wenn der Wunsch echt ist, wird er sich offenbaren! Er ist jederzeit bereit, jeden aufzunehmen, der zu ihm kommt: wir sind nicht die ersten, andere vor uns waren in ihrer Suche erfolgreich. Viele genießen seine Freundschaft und leben in enger Gemeinschaft mit ihm. Was von uns verlangt wird? Bereitschaft, uns ihm zu fügen! Sodann wird uns klar werden, daß unser Gebet erhört wurde: sehr bald schon wird er – verkleidet als Mensch – vor uns stehen: Botschafter der spirituellen Welt! Er wird uns mit ausgestreckten Armen willkommen heißen und das Tor zu Gottes Land wird sich öffnen.

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