10. Die Spiele des Pundarika Vidyanidhi

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Alle Ehre, alle Ehre sei dem Höchsten Herrn, Śrī Gauracandra, der mit dem Zeichen des Śrīvatsa gezeichnet ist! 

Alle Ehre sei der Verkörperung der ewigen Religion aller Seelen, Śrī Gaurahari, da Er das Kronjuwel ist, das Sich aus dem Bett des Ozeans in den Leib von Śrī Śacīmātā manifestierte! 

Alle Ehre sei Dir, Oh Gaura-gopala, da Du immer angezogen bist von dem Heiligen Namen des Herrn und das gemeinsame Chanten des Heiligen Namen des Herrn verbreitest. Du bist der Beschützer Deiner geliebten Geweihten und der personifizierte Tod für die bösen Übeltäter. 

Alle Ehre! Alle Ehre sei Śrī Gaurāṅga und all Seinen Anhängern! Indem man einfach die Spiele von Śrī Kṛṣṇa Caitanya hört, entwickelt man bhakti, reine Hingabe. Der höchste Held von Vaikuntha spielte die Rolle eines sannyāsīs und genoss die Gesellschaft seiner Geweihten. 

Eines Tages saß der Höchste Herr, Śrī Gaurahari zufrieden da, als Śrī Advaita Ācārya kam, Ihm Ehrerbietung erwies und Sich hinsetzte. Der Herr lächelte und fragte Śrī Advaita: „Wo kommst Du her und was hast Du gemacht?“ 

Śrī Advaita entgegnete: „Ich nahm darśana von Lord Jagannātha und jetzt bin Ich gekommen, um Dich zu sehen.“ 

Der Herr beharrte: „Ja, aber nachdem Du darśana von Lord Jagannātha genommen hattest, was hast Du gemacht?“ 

Śrī Advaita antwortete: „Zuerst hatte ich darśana von Lord Jagannātha und dann habe Ich Ihn mehrmals umkreist.“ 

Als der Herr 'pradakṣiṇa' Umkreisung hörte, lächelte Er und sagte: „Du wurdest besiegt.“ 

Überrascht fragte Śrī Advaita: „In welcher Angelegenheit habe ich verloren? Erzähle es Mir zuerst und dann kannst Du behaupten gewonnen zu haben.“ 

Der Herr erwiderte: „Sehr gut, dann höre, wie Du verloren hast. Du bist um Lord Jagannātha herumgegangen, also, jedes Mal, wenn Du hinter den Bildgestalten warst, konntest Du kein darśana vom süß lächelnden Gesicht des Herrn nehmen. Wenn Ich darśana vom Herrn nehme, dann verlassen Meine Augen niemals das transzendentale Gesicht von Lord Jagannātha, ob ich auf der rechten Seite oder linken Seite stehe. Wogegen, jedesmal wenn Du hinter Ihm bist, ist Sein strahlendes Gesicht aus Deinem Blick verschwunden.“ 

Śrī Advaita gab mit gefalteten Händen zu. „Wahrhaftig, Ich wurde vollständig von Dir besiegt. Kein anderer als Du versteht in den drei Welten die Bedeutung dessen, was Du gesagt hast. Du hast Mich durch Deine transzendentale Argumentation besiegt.“ 

Die ganze Versammlung der Vaiṣṇavas war froh gestimmt, als sie solch ein transzendentales Thema und Austausch hörten. Jubelnd sangen sie laut den Heiligen Namen. Śrī Gaurahari suchte ständig nach Möglichkeiten, alltägliche Erfahrungen in einen Punkt zur Unterweisung für Seine Schüler zu verwandeln. Darüber hinaus war er in Seinem Umgang mit jedem, besonders mit Śrī Advaita, immer sehr liebevoll. 

Eines Tages enthüllte Śrīla Gadādhara Pandita dem Herrn seinen Grund, weswegen er eine Wiedereinweihung wollte. Er sagte: „Ich habe mein iṣṭa mantra (das mantra für die verehrungswürdige Bildgestalt), welches ich von meinem guru bekommen habe, an eine unwürdige Person verraten und seither ist mein Geist gestört. Mein Herr, sei gütig und weihe mich noch einmal ein mit demselben iṣṭa-mantra, dann wird mein Geist wieder überglücklich sein.“ 

Der Herr erwiderte: „Sei vorsichtig, dass Du keine Vergehen gegen deinen guru, derjenige der dich in das iṣṭa-mantra unterwiesen hat, begehst. Solange dein mantra-guru noch gegenwärtig ist, kannst du nicht zu jemand anderen gehen, oder zu Mir kommen. Dies würde das spirituelle Leben von uns beiden, dir und Mir gefährden.“ 

Śrī Gadādhara fuhr fort: „Zur Zeit ist er jedoch nicht hier, Sei gütig und vollbringe stattdessen das Notwendige?“ 

Der Herr antwortete: „Dein guru ist Śrī Puṇḍarīka Vidyānidhi. Die Vorsehung wird es fügen, dass du ihn treffen wirst.“ 

Die allwissende Höchste Persönlichkeit Gottes, das Kronjuwel aller weisen Mystiker, weiß alles, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er sagte: „Śrī Vidyānidhi kommt bald hierher nach Śrī Jagannātha Purī. In ungefähr zehn Tagen wird er hier ankommen, nur um Mich zu sehen. In den letzten Tagen habe ich oft über Śrī Vidyānidhi nachgedacht und jetzt weiß Ich, dass Du, Gadādhara auch an ihn gedacht hast und ihn hierhergezogen hast, wie ein Magnet.“ 

Der Höchste Herr, Śrī Gaurasundara, verbrachte die meiste Zeit mit Śrīla Gadādhara und lauschte seinen Lesungen aus dem Śrīmad Bhāgavatam. Während der Herr zuhörte, manifestierte Er die ekstatischen spirituellen Umwandlungen von prema-bhakti. Der Herr hatte die Spiele von Prahladā Mahārāja und Dhruva Mahārāja viele hundert Male gehört, aber jedesmal hörte Er sie mit vollkommen gespannter Aufmerksamkeit. Alle anderen Aktivitäten wurden aufgegeben um das Śrīmad Bhāgavatam zu hören und den Heiligen Namen, Form, Eigenschafen und Spiele des Höchsten Herrn zu diskutieren. 

Der Herr hörte das Śrīmad Bhāgavatam nur von Śrīla Gadādhara. Ähnlich, hörte Er kṛṣṇa-guṇa kīrtana aus dem Mund von Śrīla Svarūpa Dāmodara Gosvāmī, der sang, als der Herr in einem Zustand ekstatischer spiritueller Trance tanzte. Die körperlichen Veränderungen von prema, wie Weinen, Zittern, Lachen, Ohnmacht, Haarsträuben und so weiter, erschienen auf Seinem transzendentalen Körper. All diese ekstatischen Symptome sind ewig im Herrn und wenn Śrīla Svarūpa Dāmodara laut die Eigenschaften von Śrī Kṛṣṇa besang, vergaß der Herr die äußere Welt und tanzte mit voller Hingabe. Śrīla Dāmodara Svarūpa war der Führende unter den ewigen Gefährten und sannyāsīs des Herrn. Der Herr bevorzugte ihn ebenso, wie Er Śrīla Pāramānanda Purī liebte. 

Der Gesang von Śrīla Dāmodara Svarūpa Gosvāmī war mit bhakti-rasa, dem Nektar der Hingabe erfüllt und der Herr konnte Sich niemals zurückhalten immer dann zu tanzen, wenn Svarūpa Dāmodara kīrtana sang. Śrīla Svarūpa Dāmodara war jedoch äußerst bescheiden, ging ruhig seiner Aufgabe nach und stellte sicher, dass er nicht entdeckt wurde. Im kīrtana spielte er wie Śrī Nārada mit seiner vīṇā-tamburā und niemand anders als der Höchste Herr tanzte zu seiner Melodie. Auf diese Art war unter allen geliebten sannyāsīs des Herrn niemand bei Ihm so beliebt, wie Śrīla Svarūpa Dāmodara und Śrīla Pāramānanda Purī. Beide blieben immer nah an der Seite des Herrn. Als der Herr den Lebensstand der Entsagung betrat, waren sie an Seiner Seite und diese sannyāsīs waren wie zwei Arme des Herrn. Śrīla Svarūpa Dāmodara blieben in Purī an Seiner Seite, während der Herr Tag und Nacht zunehmend in kīrtana vertieft war. Ob auf einer Pilgerreise, das prasādam zu ehren oder auf Reisen, der Herr sorgte dafür, dass Śrīla Svarūpa Dāmodara immer an Seiner Seite war. 

Bevor Śrīla Svarūpa sannyāsa annahm, war er unter dem Namen Śrī Puruṣottama Bhaṭṭācārya bekannt und Śrīla Puṇḍarīka Vidyānidhi war sein sehr lieber Freund und Begleiter. Selbst wenn der Herr unterwegs war und den kīrtana von Śrīla Svarūpa hörte, konnte Er sich nicht vom Tanzen zurückhalten und Er verlief sich. Überall versetzte Śrīla Svarūpas kīrtana den Herrn sofort in ekstatische Trance. In großem Jubel brüllte der Herr wie ein Löwe, fiel nieder wie ein Stock und Śrīla Svarūpa Dāmodara war sofort an seiner Seite, um Ihn vor dem Fall zu bewahren. Wer ist in der Lage das immense gute Schicksal von Śrīla Svarūpa zu beschreiben? 

Eines Tages fiel der Herr während Er sich in einer Seiner ekstatischen Trancen befand, in einen Brunnen. Die Geweihten waren schockiert und sie begannen laut zu klagen, während Śrīla Advaita sich hinkniete und Seinen Kopf hielt. Der Herr jedoch war Sich nicht im mindesten bewusst, was geschehen war und immer noch in tiefer Trance trieb Er wie ein kleines Kind auf dem Wasser. Das Wasser im Brunnen jedoch, berührt von der transzendentalen Gestalt des Höchsten Herrn, verwandelte sich in frische Buttercreme und Sein Körper hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen. Der kīrtana von Śrīla Svarūpa erzeugte solch eine mystische Kraft, dass, wenn die Vaiṣṇavas tanzten, sie nie die dornigen Büsche spürten, die ihre Haut durchstachen. Schnell hoben Śrī Advaita und andere den Herrn aus dem Brunnen, aber der Herr war Sich immer noch nicht bewusst, was sich ereignet hatte und Er fragte immer wieder: „Was ist geschehen? Was ist geschehen?“ Er war so durchdrungen von bhakti-rasa, dass Er Sich immer noch nicht Seiner Umgebung bewusst war. Er stellte allen Fragen und Er wusste nicht was geschehen war. Als Advaita und die Geweihten diese nektarinen Worte von dem anmutigen Lotosmund des Herrn hörten, trieben sie in Glückseligkeit. Alle Geweihten waren erleichtert und sehr froh, dass ihr geliebter Herr unverletzt war. 

Der Höchste Herr, eingetaucht im Nektar des bhakti, reine Hingabe, vollführte endlos wundervolle Spiele. Der Herr wusste sofort, als Śrīla Puṇḍarīka Vidyānidhi in Purī eintraf und bald, durch den Wunsch des Herrn, wurde Śrīla Vidyānidhi zu dem Platz hingezogen, wo der Herr seine Ankunft erwartete. Als der Herr war überglücklich, als Er Śrīla Vidyānidhi sah. Er sagte laut: „Hier kommt Mein Vater! Mein Vater ist gekommen!“ Śrīla Vidyānidhi war in Ekstase, Sein Herz war mit dem Ambrosia des bhakti überflutet und er wurde zu einem prema-nidhī, ein Ozean von prema. Die Höchste Persönlichkeit Gottes, Śrī Gaura-Nārāyaṇa, ist der liebevolle Wächter Seiner Geweihten, bhakta-vatsala. Fest umarmte Er Vidyānidhi, den Ozean von prema-rasa und weinte heftig vor Glück. Alle Geweihten begannen auch Freudentränen zu vergießen; der Schauplatz war direkt von Vaikuntha. In jedem Moment vergrößerte die Gemeinschaft mit Śrīla Vidyānidhi die Ekstase der Geweihten. 

Der Freund und Gefährte von Śrīla Vidyānidhi aus seinen früheren Tagen war Śrīla Svarūpa Dāmodara und sie trafen sich erneut in der Anwesenheit des Herrn. Beide wollten den Fußstaub des anderen nehmen, sie drängelten sich, schubsten und warfen sich gegenseitig auf den Boden und beide wollten als Erste die Füße des anderen berühren. Da beide jedoch gleichrangig waren, konnte keiner den anderen überrumpeln. Die ganze Zeit genossen die Geweihten und der Höchste Herr, Śrī Gaurasundara, diesen transzendentalen Wettbewerb mit freudigem Gelächter. Nach einer Weile, als sie sich niederließen, sagte der Herr zu Śrīla Vidyānidhi: „Bleib eine Weile bei uns in Nīlācala.“ Als Śrīla Vidyānidhi die Worte des Herrn hörte, wurde er euphorisch; er betrachtete es als sein größtes Glück nahe beim Herrn zu sein. Śrīla Gadādhara Pandita nahm die Gelegenheit wahr und wurde von seinem guru, Śrīla Vidyānidhi, wieder mit seinem iṣṭa-mantra eingeweiht

Die Herrlichkeiten von Śrīla Vidyānidhi haben kein Ende. Vor allem aber war er der guru von Śrīla Gadādhara, ein Schüler, der unbegrenztes prema erreichte.  

Śrīla Advaita und Śrīla Śrīvāsa Ṭhākura waren stets bemüht die Größe von Śrī Vidyānidhi zu erläutern und in diesem Bestreben gesellten sich wunderbare hingebungsvolle Getreue wie Śrīla Murāri Gupta und Śrīla Haridasa Ṭhākura zu ihnen. Tatsächlich waren alle Vaiṣṇavas voll des Lobes für den Charakter und die makellose Reinheit von Śrī Vidyānidhi. Ebenso hatte Śrīla Vidyānidhi alle Geweihten sehr gern und er liebte sie von ganzem Herzen, Gedanken und Worten. Er war völlig frei von jedem Stolz oder falschem Ego. Es ist wahrlich unmöglich, den Grad der göttlichen Gnade zu verstehen, die er von Śrī Caitanya und vom Höchsten Liebenden, Śrī Kṛṣṇa, empfangen hatte. Nachdem ich die Tatsachen und Geschichten direkt von Śrī Gadādharas göttlichen Lippen gehört habe, werde ich versuchen, ein wenig zu beschreiben, wie teuer Puṇḍarīka Vidyānidhi Śrī Kṛṣṇa war. 

Der Höchste Herr, Śrī Gaurasundara, behielt Śrīla Vidyānidhi in seiner Nähe und arrangierte für ihn eine Residenz in Yameśvara am Meer. Während seines Aufenthaltes in Nīlācala, ging er immer zusammen mit seinem Busenfreund, Śrīla Svarūpa Dāmodara, regelmäßig zum darśana von Lord Jagannātha. Zu anderen Zeiten waren sie darin vertieft esoterische Themen über den Höchsten Herrn, Śrī Kṛṣṇa zu diskutieren. 

Bald war die Zeit für das Fest von Oḍana-ṣaṣṭī von Lord Jagannātha gekommen. Zu diesem Anlass bekleiden Seine Diener Lord Jagannātha auf Seinen Wunsch hin in neue frisch gestärkte Gewänder. Śrī Gaurasundara, begleitet von all Seinen Geweihten, kam, um Lord Jagannātha an Oḍana-ṣaṣṭī zu sehen. Musikgruppen mit zahllosen Instrumenten, mṛdaṅgas, Muschelhörner, Glocken usw. erschallten überall und die ganze Stadt sah festlich aus. Ihre Lordschaften trugen an diesem Tag viele verschiedene Kleidergarnituren und das Fest dauerte bis Mitte Januar zum Makara-saṅkrānti. Śrī Gaurasundara und die Vaiṣṇavas blieben bis spät in der Nacht und waren ergriffen von Wellen der Ekstase, als sie die vielen Kleidungswechsel von Śrī Jagannātha sahen. 

Der Höchste Herr als der Verehrende, Śrī Kṛṣṇa Caitanya verehrte Sich Selbst in Seiner Form als Bildgestalt, Lord Jagannātha. Solange man nicht vom Herrn gesegnet wird, kann man dieses göttliche esoterische Mysterium nicht verstehen, das nun gespielt wurde. Auf dem Altar saß der Höchste Herr, Śrī Jagannātha in seiner hölzernen Form als Bildgestalt im yoga-āsana während Er, als das Kronjuwel aller sannyāsīs, eingetaucht im Geschmack des bhakti-yoga, Śrī Kṛṣṇa Caitanya Mahāprabhu, zu Seinem eigenen darśana kam

Anlässlich des Oḍana-ṣaṣṭī Festivals, sind die Bildgestalten farbenfroh in feinste Seide gekleidet und geschmückt mit wunderschönem Goldschmuck, der mit wertvollen Edelsteinen besetzt ist. Girlanden, Armbänder und Ohrringe, die alle aus duftenden, saisonalen Blumen hergestellt werden, schmücken Ihre Lordschaften. Duftöle, Weihrauch, Blumen, Ghee-Lampen und die sechzehn verschiedenen Zutaten werden für die besondere Verehrung für Lord Jagannātha geopfert. Großartige und opulente Opferungen von prasādam werden auch kontinuierlich durchgeführt. Śrī Gaurahari beobachtete diese Festlichkeiten mit Seinen Geweihten und großer Freude und Zufriedenheit kehrten sie nach Hause zurück. Der Herr verabschiedete Sich von allen Vaiṣṇavas und suchte die Ruhe der Einsamkeit. 

Nachdem alle gegangen waren, blieben Śrīla Svarūpa Dāmodara und Śrīla Vidyānidhi zusammen und sie unterhielten sich sehr vertraut und offenbarten sich gegenseitig ihre Herzen und Gedanken. Śrīla Vidyānidhi hatte Zweifel über die gestärkte Kleidung, die Jagannātha trug und er frage Śrīla Svarupa: „Warum ziehen sie dem Herrn gestärkte Kleidung an, ohne sie zuerst zu waschen? Hier, in diesem Land sind sich die Menschen der Regeln in den Schriften sehr bewusst, doch wird in den heiligen Schriften die gestärkte Kleidung nicht als unrein betrachtet?“ Śrīla Svarūpa erwiderte: „Hier hat niemand etwas gegen diese Praxis einzuwenden, da sie als Teil ihrer religiösen Tradition betrachtet wird. Diejenigen, die den Regeln der Schriften strikt folgen, mögen nicht vollkommen damit einverstanden sein, aber diese Tradition ist ein integraler Teil dieser Festlichkeiten. Nebenbei, wenn der Herr es nicht wünschen würde, hatte der König zweifellos diesen Teil des Rituals verboten.“ 

Śrīla Vidyānidhi fuhr fort: „Wenn der Herr es wünscht, dann ist alles gut. Wie auch immer, was der Herr macht, soll gewiss nicht von Seinen Dienern nachgeahmt werden. Die Priester und anderen brāhmaṇas sollten nicht einmal verunreinigte Kleidung berühren. Śrī Jagannātha ist der Höchste Gott – für Ihn ist alles möglich, das gilt aber nicht für andere. Man muss seine Hände waschen, nachdem man gestärkte Kleidung berührt hat, sonst ist man unrein. Das ist gesunder Menschenverstand und der König selbst ist ignorant, wenn er diesen Punkt nicht versteht. Leider wickelt sogar der König ein gestärktes Tuch um seinen Kopf.“ Śrīla Svarūpa erwiderte: „Mein lieber Bruder, all diese Dinge gelten nicht als Übertretungen, da sie Teil dieses Oḍana-ṣaṣṭī-Festes sind. Außerdem beurteilt die Höchste Persönlichkeit Gottes, Jagannātha Selbst, nicht das Verdienst oder den Nachteil dieser Praxis.“ 

Śrīla Vidyānidhi beharrte: „Mein lieber Bruder, lass mich ausreden. Lord Jagannātha ist in der Tat transzendental und die Höchste Persönlichkeit Gottes, deshalb gelten für Ihn keine Regeln, aber was ist mit Seinen Dienern? Sind sie zu Inkarnationen des Höchsten Brahman geworden, weil sie in Nīlācala leben und können daher von den Schriften abweichen?“ Auf diese Weise sprechend und debattierend erfreuten sich diese beiden vertrauten Freunde aneinander und lachten , manchmal hielten sie sich an den Händen oder legten in einer sorglosen Weise ihren Arm über die Schulter des anderen, während sie gingen. Śrīla Vidyānidhi verschonte nicht einmal die Diener von Lord Jagannātha für das, was er für ihre Nachlässigkeit im Dienst des Herrn hielt. 

Nicht jeder kann die Gefühle in den Herzen der Diener des Herrn verstehen. Nur Kṛṣṇa kennt das Ausmaß der Verbundenheit eines jeden zu Ihm. Der Höchste Herr, Śrī Kṛṣṇa, bringt zuerst Seinen Geweihten für einen bestimmten Zweck in Illusion und dann beseitigt Er selbst die Illusion aus Mitgefühl. Demnach setzte der Herr Śrīla Vidyānidhi in Illusion über Seine Diener. Die beiden trennten sich und kehrten in ihre jeweilige Wohnstätte zurück, um ihre hingebungsvollen Praktiken auszuführen. Sie ehrten prasādam, dann kamen sie zur Wohnung von Śrī Caitanya und legten sich hin, um zu ruhen. 

Der Höchste Herr, Śrī Caitanya wusste alles über Śrīla Vidyānidhis Ansicht über die gestärkten Kleider. Daher nahm er die Form von Jagannātha an und erschien zusammen mit Balarāma im Traum von Śrīla Vidyānidhi. In seinem Traum sah Śrīla Vidyānidhi dass sowohl Jagannātha, als auch Balarāma sehr wütend waren, als sie anfingen, ihn fest auf die Wangen zu schlagen. Rote Striemen erschienen auf seinen geröteten Wangen und in Schmerz und Angst warf er sich dem Herrn zu Füßen und schrie: „Oh Kṛṣṇa, rette mich! Bitte vergib mir meine Vergehen. Oh Herr, für welche Vergehen werde ich bestraft?“ Der Herr erwiderte: „Deine Vergehen haben kein Ende. Genau wie Ich gehören meine Diener keiner Kaste an, und obwohl du das weißt, hast du dich hier niedergelassen, aber wenn du dich unbedingt mit Haarspalterei über Rituale und angemessene Praktiken beschäftigen willst, dann solltest du am besten zu deinem vorherigen Ort zurückkehren und es dort tun! Ich habe alle Gepflogenheiten festgelegt, die an diesen Festen zu befolgen sind und jetzt hast du meine Diener und diese Ausführungen kritisiert, indem du an meiner gestärkten Kleidung herummäkelst.“ 

Śrīla Vidyānidhi begann sich sehr in seinem Traum zu fürchten und bitterlich weinend legte er seinen Kopf auf die Lotosfüße des Herrn und sagte: „Bitte vergib alle Vergehen dieser höchst sündhaften Kreatur. Ich nehme meine abscheulichen Fehler vollständig auf mich, das verspreche ich Dir. Mein Gesicht, das Gesicht Deines Dieners, das bei diesem Benehmen spöttisch gelächelt hatte, wurde geschlagen. Ich wurde von Deiner eigenen transzendentalen Hand bestraft, das ist zweifellos mein größtes Glück, mein Herr.“ 

Der Höchste Herr erwiderte: „Da du mein Geweihter bist, möchte Ich Meine Segnungen und Mein Mitgefühl auf dich herabregnen lassen und darum habe Ich dich bestraft.“ Im Traum von Śrīla Vidyānidhi segneten Ihre Lordschaften, Jagannātha und Balarāma, ihn mit ihrem barmherzigen Blick und kehrten dann zu ihrer Wohnstätte zurück. 

Śrīla Vidyānidhi erwachte aus dem Traum und lachte. Als er die Striemen auf seinen Wangen spürte, sagte er: „Das ist wundervoll, Ich beging ein Vergehen und wurde bestraft. Der Herr gab mir mit Seiner transzendentalen Hand Ohrfeigen. Ich hatte Glück, dass ich so billig davonkam.“ Seht einfach die Herrlichkeit und Größe von Śrīla Vidyānidhi, der das perfekte Beispiel für das grenzenlose Mitgefühl des Herrn für Seinen Geweihten ist. Der Höchste Herr zieht nicht einmal seinen eigenen Sohn, Pradyumna oder auch seine Ehefrauen Satyabhāmā, Rukmiṇī, Jānakī-Sītā, Seine anderen persönlichen Gefährten oder sogar die Heerscharen der Halbgötter und Halbgöttinnen auf diese Weise zur Verantwortung. Der Höchste Herr jedoch hat Śrī Vidyānidhi persönlich in seinem Traum gescholten und ihm Ohrfeigen wegen seines Vergehens verabreicht. Diese Tat ist die erste ihrer Art, denn es ist nicht oft so, dass der Herr direkt vor jemandem in einem Traum erscheint und ihn barmherzig für ein Vergehen bestraft. Wenn der Höchste Herr persönlich jemanden in seinem Traum schilt, dann ist das ein reales Ereignis und solch ein Geweihter ist sehr von Glück begünstigt. Wenn solch ein Geweihter erwacht, dann sind seine Vergehen nicht mehr da und er erlangt den ganzen transzendentalen Gewinn daraus. Solch ein Individuum ist ausgesprochen von Glück begünstigt, weil der Herrn niemals Nicht-Geweihte straft, auch nicht in ihren Träume. 

Über all diese Schlussfolgerungen der Schriften muss man nachdenken. Die yavanas, Fleischesser, kritisieren dauernd die Vaiṣṇavas und verhalten sich ihnen gegenüber streitsüchtig. Sie sehnen sich nach etwas spiritueller Verwirklichung und Freude, aber dies ist sogar in ihren Träumen nur schwer zu erreichen. Was zu sprechen von den yavanas, sogar brāhmaṇas und kultivierte Personen leiden sehr unter den Konsequenzen ihrer Vergehen. Der Höchste Herr jedoch, gibt solchen Missetätern und Verworfenen niemals Unterweisungen in deren Träumen. Die wirklich Glücklichen werden persönlich vom Herrn getadelt und diese Tat des Herrn wird als das größte Glück betrachtet. Am nächsten Morgen, als Śrīla Puṇḍarīka aus dem Schlaf erwachte, waren seine Wangen durch die Hände des Herrn gerötet und geschwollen, die ihm Ohrfeigen gaben, während er schlief. Die Barmherzigkeit, die er vom Höchsten Herrn empfing, war für alle zu sehen. 

Śrīla Svarūpa Dāmodara kam normalerweise jeden Morgen, um Śrīla Vidyānidhi zum Tempel zu begleiten, um darśana von Lord Jagannātha zu nehmen. Als Śrīla Svarūpa an diesem Morgen kam, sagte er zu Śrīla Vidyānidhi: „Jeden Morgen begleitest du mich, um darśana zu nehmen, aber an diesem Morgen bist du spät dran.“ Śrīla Vidyānidhi erwiderte: „Mein lieber Bruder, komm herein, setz dich und ich werde dir alles erzählen, was sich ereignet hat.“ 

Als er näherkam, sah Śrīla Svarūpa, dass das Gesicht seines Freundes geschwollen war und rote Striemen über seine Wangen verliefen. Überrascht fragte er: „Was ist geschehen? Deine Wangen sind rot und geschwollen! Hast du dich verletzt?“ 

Śrīla Vidyānidhi lachte kurz und sagte: „Erinnerst du dich, dass ich ernsthafte Zweifel und Vorbehalte hatte, dass Lord Jagannätha in gestärkten Gewändern gekleidet war - nun, mir wurde meine Lektion erteilt. Letzte Nacht erschienen Jagannātha und Balarāma in meinem Traum und begannen mir Ohrfeigen zu geben. Sie sagten: „Du hattest die Kühnheit unsere Kleidung zu kritisieren.“ Sie hinterließen ihre Fingerabdrücke auf meine Wangen, also schäme ich mich sehr und kann niemanden sehen. Sobald diese Schwellung verschwindet, kann ich wieder in die Öffentlichkeit gehen. Ich kann zu anderen darüber nicht so offen sprechen, aber in meinem Herzen fühle ich mich sehr gesegnet. Ich habe in angemessenem Maße die Konsequenzen meines Vergehens erhalten, sonst, wer weiß, wäre ich in die dunkelste Hölle hinuntergestiegen." 

Śrīla Svarūpa blickte auf seinen Freund mit großer Zuneigung und erfuhr transzendentale Freude. Ein Freund fühlt sich unendlich glücklich über das Glück seines Freundes. Deshalb brachen die zwei Freunde in Gelächter aus, unfähig ihren Jubel zurückzuhalten. Śrīla Svarūpa sagte: „Mein lieber Bruder, ich muss zugeben, dass ich noch nie eine solche Bestrafung gesehen habe. Der Herr persönlich kommt zu dir in deinem Traum und züchtigt dich, das ist außergewöhnlich! So etwas habe ich noch nie gehört, aber jetzt sehe ich es mit meinen eigenen Augen.“ Sie trieben auf den Wellen der Ekstase und schwammen auf dem Ozean von kṛṣṇa-kathā. Tag und Nacht kosteten sie kṛṣṇa-kathā. So war die spirituelle Aura von Śrīla Puṇḍarīka Vidyānidhi, dass ihn sogar der Höchste Herr, Śrī Caitanya, mit 'Vater' ansprach. Er badete niemals in der Gaṅgā, damit seine Füße nicht ihre Wasser berührten, doch er gewann immense spirituelle Freude, indem er einfach ihren darśana nahm und an ihr heiliges Wasser schlürfte. Śrī Caitanya empfand große Freude, wenn Er ihn „Vater" rief. Wenn man über den Charakter von Śrīla Puṇḍarīka Vidyānidhi hört, wird man zweifellos mit den Lotosfüßen von Śrī Kṛṣṇa belohnt werden. 

Ich Vṛndāvana dāsa, bringe dieses Lied den Lotosfüßen von Śrī Kṛṣṇa Caitanya und Śrī Nityānanda dar, die mein Herz und meine Seele sind.

So endet Śrī Caitanya Bhagavata 

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derharmonist.de
2021
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