Die innere Bedeutung des Ratha-yatra und nama-bhajana (Teil 1)

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Ein Vortrag gehalten am Tag des Hera Pancami, 29. Juni 1998 im Zimmer von Śrīla Puri Mahārāja in der Gopīnatha Gauḍīya Matha, Jagannatha Puri.

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Kaviraja Gosvāmī Prabhu hat die große Freude von Kṛṣṇas Pastimes in Vraja genossen. Er schreibt:

anyera hṛdaya — mana, mora mana — vṛndāvana,
‘mane’ ‘vane’ eka kari’ jāni
tāhāṅ tomāra pada-dvaya, karāha yadi udaya,
tabe tomāra pūrṇa kṛpā māni

„Für andere ist der sinnliche Geist das Herzstück ihres Wesens, aber mein Geist ist Vṛndāvan. Ich betrachte sowohl meinen Geist als auch Vṛndāvan als Eins. Wenn Du Deine Lotosfüße dort in meinem Vṛndāvan-Geist platzieren würdest, würde ich das als den höchsten Ausdruck Deiner Barmherzigkeit betrachten." (Śrī Caitanya-caritāmṛta Madhya 13.137)

Andernfalls gib all diese Versuche auf, uns und Dich selbst zu täuschen. Wenn Du mir wirklich barmherzig sein willst, dann verlasse Deine Pferde und Elefanten, diese Scharen von Höflingen und Dein königliches Gewand. Versuche nicht, Mir Deinen ganzen Prunk vorzuführen. Wenn Du zu Mir kommen willst, dann nimm das Gewand eines Kuhhirten! Komm mit Mir nach Vṛndāvan!"

kṛṣṇa lana vraje jai – e bhāva antara –

„Ich werde Kṛṣṇa nehmen und zurück nach Vraja gehen.” Diese Gemütsstimmung war immer in den Herzen der gopīs (Śrī Caitanya-caritāmṛta, Madhya 1.56)

„Wenn Du mit Mir kommen willst, dann lege Dein Gewand eines Kuhhirten an! Komm mit Mir in unser altes Versteck am Ufer der Yamuna, am Fuße des Keli-Kadamba-Baumes. Bleibe nahe bei Mir -  erst dann werde ich glauben, dass du mich wirklich gesegnet hast. Andernfalls betrachte ich das alles nur als eine grobe Täuschung.

„Erinnerst Du Dich überhaupt an Mich? Was denkst Du, was wir sind - yogis? Meister des yoga-Systems? Glaubst Du, dass wir durch Atemübungen, qualvolle āsanas, und wenn wir auf dich meditieren und uns auf Dich konzentrieren, Dich in unserem Herzen einfangen können? Lieber Freund, denk doch mal ein bisschen nach. Warum benimmst Du Dich so? Heute ist der Tag des Vollmonds, lass uns zur Yamuna hinuntergehen." Sobald Rādhā das Wort purnima erwähnte, wurde sie mutlos. Das ist Rādhārāṇīs Zustand.

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Was können wir über Rādhā erfahren? Für einen Augenblick wurde ich etwas emotional, als ich Ihre Gemütsstimmung beschrieb, aber wir haben nicht die richtige Fähigkeit das Ausmaß zu verstehen, in dem die Herzen der gopīs vor Verzweiflung brannten, weil sie Kṛṣṇa nicht sehen konnten. Wir sind wie Kinder in einer reisenden Theatergruppe. Ihr habt noch nie manohara-sahi kirtana gehört. Als ich ein Junge war, der die Baruipur High School besuchte, wurde im Haus der Raya Chauduris ein rasa-līlā-Festival veranstaltet. Viele hervorragende Künstler kamen, um dort zu singen, einige im garana-hati-Stil, andere im manohara-sahi. Einige von ihnen waren noch kleine Jungen, aber man hatte sie so gut ausgebildet, dass einmal, als das Publikum unruhig wurde, einer von ihnen so schön zu singen begann, dass allen die Tränen in die Augen stiegen.

Unser Schuldirektor, ein gebildeter brahmana mit Hochschulabschluss, ging dorthin und hörte sich den kirtana von Anfang bis Ende an. Wir folgten seinem Beispiel und nahmen ebenfalls teil. Aber dieser kirtana  war etwas so Erstaunliches - er hatte eine unglaubliche Wirkung auf alle. Da ich früher selbst ein wenig singen konnte, habe ich das auch erlebt. Das passiert oft bei Theaterstücken und Aufführungen. Aber wer von uns, ob Darsteller oder Zuschauer, könnte wirklich verstehen, was Rādhā und Kṛṣṇa erleben, die das līlā selbst ausführen?

Jetzt, heute, nach so langer Zeit, gibt es hier in Kurukṣetra eine Sonnenfinsternis. Es ist, als ob in unserem Land ein großer Feiertag stattfindet. Es ist schon so lange her, dass es eine Sonnenfinsternis gab. Alle Hoheiten sind zu diesem Anlass nach Kurukṣetra gekommen, um sich ihre unzähligen materiellen Wünsche zu erfüllen. Einige suchen nach Reichtum, andere nach Söhnen und Erben, wieder andere einfach nach frommen Guthaben für zukünftiges Glück. Aber die Vrajavasis sind gekommen, weil sie vor Sehnsucht brennen, auch nur einen flüchtigen Blick auf Kṛṣṇa zu erhaschen. „Kṛṣṇa wird kommen. Sicherlich werde ich in Ihn sehen können."

In der Vorfreude, ihnen zu begegnen, hatte Kṛṣṇa Daruka angewiesen, Seinen Wagen sehr schön zu schmücken, damit er prächtig aussah. Und nun begleitete Kṛṣṇas königliches Gefolge den prächtig geschmückten Wagen, die Pferde und Elefanten. Kṛṣṇa, gekleidet in ein prächtiges königliches Gewand, hatte den Wagen bestiegen. Als Er so im Wagen sitzt und wartet, nähern sich die Menschen von Vraja und sahen Ihn zum ersten Mal seit so vielen Jahren.

Kṛṣṇas Vater Nanda und Sein Onkel Upananda sind voller Erwartungen gekommen.  Sie wollten so viel sagen, aber jetzt, wo Er vor ihnen steht, finden sie keine Worte. Sie sagten lediglich immer wieder: „Mein Kind! Gopala!" Aber mehr brachten sie nicht heraus. Selbst diese wenigen Worte gehen in einer Flut von Tränen unter. Auch Kṛṣṇa kann die Tränen nicht zurückhalten, die über Seine Wangen strömen. Auch die anderen Vrajavasis wurden auch von ihren Gefühlen überwältigt. Nanda Baba lässt Kṛṣṇa gehen - wie lange kann er Ihn noch halten? Weitere Worte sind nicht möglich. Alles, was Nanda und Kṛṣṇa tun können, ist zu weinen und ihre herabfallenden Tränen vermischen sich. Ihre Worte sind ihre Tränen. Nanda und Upananda lassen Kṛṣṇa schließlich los und nun ist Mutter Yaśodā an der Reihe, ihren Sohn zu begrüßen. Aber auch sie kann nur sagen: „Liebes Kind, Gopala!" und ist dann sprachlos.

Jetzt sind die Freunde von Kṛṣṇa an der Reihe. Sie hatten vor, Kṛṣṇa zu tadeln. Sie wollten sagen: „Bruder, warum hast Du uns vergessen? Denkst Du überhaupt nicht an uns?" Das wollten sie sagen, aber sie sind unfähig zu sprechen. Sie denken: „Wie können wir unserem Bruder Kanai all das sagen, was wir durchgemacht haben? Welchen Sinn macht es etwas zu sagen?" Und so sagen sie nichts.

Dann kam Rādhārāṇī an die Reihe, Kṛṣṇa zu begrüßen: „Hast Du überhaupt an Mich gedacht?“ „Was sagst Du? Natürlich denke Ich an Dich!“

Hier beschreibt  Kṛṣṇa Dasa Kaviraja Gosvāmī, was Rādhā sagt:

anyera hṛdaya — mana, mora mana — vṛndāvana,
‘mane’ ‘vane’ eka kari’ jāni
tāhāṅ tomāra pada-dvaya, karāha yadi udaya,
tabe tomāra pūrṇa kṛpā māni

„Für die meisten Menschen ist der sinnliche Geist das Herz ihres Daseins, aber mein Geist ist Vṛndāvan. Ich betrachte beides, Geist und Vṛndāvan, als Eines. Wenn Du Deine Lotosfüße dort in meinem Vṛndāvan-Geist platzieren würdest, würde ich das als den größten Ausdruck Deiner Barmherzigkeit betrachten." (Śrī Caitanya-caritāmṛta Madhya 13.137)

„Der Geist der meisten Menschen ist erfüllt von der Sehnsucht nach Reichtum. Sie begehren eine Sache nach der anderen. Sie können tun, was sie wollen; ich habe nichts mit ihnen zu tun. Mein Geist ist in die Seele von Vṛndāvan vertieft. Alle Deine geheimnisvollen Trugbilder haben dort keinen Platz. Wenn Du Mir wirklich barmherzig sein willst, dann lege Dein Kuhhirtengewand an und bringe mich zurück nach Vṛndāvan. Wirf Deine königlichen Roben und Gewänder fort. All dieser Reichtum, die königlichen Elefanten und Rosse, die Scharen von Höflingen sind zu viel für uns. Wir können das alles nicht ertragen. Schick sie alle fort und komm mit uns. Nimm wieder das Aussehen eines Hirten an. Zieh die Kleider an, die du trugst, als Du das Vieh auf die Weide triebst, und nimm uns mit nach Hause. Nur dann werden wir glauben, dass Du uns Deinen vollen Segen gegeben hast."

Nachdem sie dies gesagt hatte, begann Rādhārāṇī zu weinen. Sie sprach weiter: „Du bist also heute gekommen, um mich über Yoga zu unterrichten. Yogis praktizieren verschiedene schwierige Atemübungen und Körperhaltungen, meditieren und konzentrieren sich, damit sie Dich in ihrem Herzen halten können. Muss ich jetzt zuerst mit diesen Übungen anfangen, bevor ich an Dich denken kann? Jeder ein- und ausgehende Atemzug schreit nach Dir allein: Überall, wo ich hinschaue, sehe ich nichts als Deine Gestalt. Und jetzt soll ich auch noch Yoga lernen? Das ist es, was wir bereits über Yoga wissen. Du hast Uddhava gesandt, um uns den Weg des Wissens zu lehren, und nun bist Du persönlich gekommen, um uns Unterricht im Yoga zu geben." Bei diesen Worten brach Rādhā in Tränen aus.

Dann sagte Kṛṣṇa, um sie zu trösten: „Ich habe so viele Dämonen getötet. Es gibt noch einige, die vernichtet werden müssen. Sobald sie erledigt sind, werde ich zu dir zurückkommen." Aber Rādhārāṇī war nicht in der Lage, diese Zusicherungen zu akzeptieren. Sie wandte sich an ihre Freundin und sprach sie als sahacari, 'Gefährtin', an. Priyah so'ham sahacari – „Liebe Gefährtin, hier ist dieselbe Person, Mein geliebter Kṛṣṇa … „tad idam ubhayoḥ saṅgama-sukham  - "und es ist die gleiche Freude des Wiedersehens." tathāpy antaḥ-khelan-madhura-muralī-pañcama-juṣe mano me kālindī-pulina-vipināya spṛhayati (Śrī Caitanya-caritāmṛta, Madhya 1.76)

„Du bist dieselbe Person, die Du warst, und ich bin dieselbe Person, die ich war; und die Freude, einander zu sehen, ist dieselbe wie in der Vergangenheit, das ist wahr. Doch alles, woran ich denken kann, sind die kālindī-pulina-vipināya, die Ufer der Yamuna, wo Du mir zum ersten Mal den Verstand raubtest,  antaḥ-khelan-madhura-muralī-pañcama-juṣe, mit dem Spiel Deiner Flöte auf der fünften Note. Wenn Du mich wirklich und wahrhaftig trösten willst, dann lass uns zusammenkommen wie zuvor an den Ufern der Yamuna. Wie auch immer, hör auf, uns zu sagen, dass wir dieses oder jenes sein sollen, dass wir Yogis oder etwas anderes sein sollen, was wir nicht sind.“

Rādhārāṇī begann daraufhin haltlos zu schluchzen, und Kṛṣṇa konnte nicht mehr schweigen. Er versuchte sie noch einmal zu trösten, indem er sagte: „Ich habe so viele Dämonen vernichtet, so viele Feinde getötet. Jetzt ist nur noch einer übrig. Sobald ich ihn vernichtet habe, werde ich zu Dir zurückkehren."

Welch wunderbare Sprache Kṛṣṇa Dasa Kaviraja Gosvāmī verwendet! Er kann das, weil er wahre Gefühle hat, die aus direkter Erfahrung entstehen. Wir wissen nicht, wie wir dies empfinden können. Wir haben es nur geschafft, einen Blick zu erhaschen, einen kleinen Schimmer. Aber genau darum geht es bei bhajana - kṛṣṇa-bhajana -. Einfach eine japa-mala in der Hand zu tragen, ist kein kṛṣṇa-bhajana. Es ist wahr, ich trage selbst eine japa-mala, aber wo sind meine Gedanken? Wo ist mein bhajana?

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Was ist das Geheimnis von bhajana? Śrīla Bhaktivinoda Ṭhākura hat die Lieder von Bhajana-rahasya geschrieben, aber wir sind nicht in dieses Geheimnis eingedrungen. Natürlich wurden uns von Śrīla Prabhupāda einige allgemeine Anweisungen gegeben, aṣṭa-kālīya-līlā-smaraṇa auszuführen, d.h. sich an Kṛṣṇa in Vraja entsprechend den verschiedenen Tageszeiten zu erinnern, also sollte niemand denken, dass das etwas ist, das außerhalb unserer Tradition liegt. Einige, wie die Leute in Vṛndāvan, sagen: „Die Mitglieder der Gauḍīya Matha sind vertrocknete, verwelkte Menschen. Ihr bhajana hat keine Dynamik, keinen Schwung.

Wir hingegen sehen, dass alles, was sie tun, nur einer momentanen emotionalen Erfahrung dient, mehr nicht, was nützt das? Das ist es, was ich aufzeigen wollte, als ich über die Jungen in der reisenden Theatergruppe sprach. Ihre Familien hatten ihnen beigebracht, wie sie diese Dinge tun sollten. Man hatte ihnen gesagt: „An der Stelle sollt ihr weinen. An der Stelle sollst du lachen und so weiter. Als sie dann auftraten, taten sie, was man ihnen beigebracht hatte, und wir, die wir im Publikum saßen, reagierten emotional auf sie. 

Aber wie wird eine echte spirituelle Erfahrung stattfinden? Sie wird durch das Chanten des Heiligen Namens kommen. Durch das Chanten des Heiligen Namens wird die Zeit kommen, in der Tränen automatisch  fließen. Und wenn es nur eine flüchtige Erfahrung ist, oder selbst, wenn sie nicht eintritt, ist sie dennoch stark. Heute hatte ich so ein Gefühl, aber was kann ich tun? Es war nur ein kurzer Moment. Wie viel besser wäre es, wenn dies unser ständiger Zustand im Dienst für Kṛṣṇa wäre! Nicht, dass ich glaube, sobald mein Herz ein wenig weich wird und ein wenig Feuchtigkeit in meine Augen kommt, dass ich ein großartiger bhajananandi bin. Und dann fange ich an, gering über andere zu denken und zu glauben, dass keiner von ihnen wirklich bhajana macht, dass niemand außer mir wirklich den Heiligen Namen chantet. Wenn mir all diese Gedanken in den Sinn kommen, muss ich mich selbst kasteien: Das ist nicht wirklich bhajana.

Kṛṣṇa-bhajana kann ohne den Heiligen Namen nicht stattfinden. Ohne den Heiligen Namen kann es einfach nicht geschehen. Mahāprabhu verherrlichte den Heiligen Namen so ausgiebig. Und noch mehr, wir brauchen die Gnade von guru.

naham ijya-prajatibhyam tapasopasamena va
tusyeyam sarva-bhutanam guru-susrusraya yatha

„Ich, die Seele aller Lebewesen, werde weder durch Opfer noch durch den Dienst an die Familie, auch nicht durch Entbehrungen und Entsagung so zufriedengestellt, wie durch den Dienst zum Guru "

(Śrīmad-Bhāgavatam 10.80.34)

Dieser Vers bezieht sich indirekt auf die vier asramas oder sozialen Lebenstände. Auch wenn ich alle Pflichten meines jeweiligen Lebensstandes perfekt erfülle, werde ich dem Herrn dennoch nicht vollkommen zufrieden stellen. Du magst fragen: „Was wird Kṛṣṇa dann zufriedenstellen, wenn nicht das?" Er sagt, tuṣyeyaṁ sarva-bhūtānāṁ  guru-śuśrūṣayā  yatha: „Die Freude, die ich empfange, wenn jemand seinem spirituellen Meister mit ganzem Herzen dient, ist größer als die flüchtige Befriedigung, wenn er oder sie die Pflichten seiner oder ihres sozialen Lebenstandes erfüllt, so lobenswert dies auch sein mag."

So zeigte Kṛṣṇa durch Sein eigenes Beispiel, wie man dem Guru dient. Er und Sein Freund verbrachten eine ganze Nacht damit, Bündel von Brennholz auf ihren Köpfen zu tragen. Unglaublich! Das können wir uns nicht einmal ansatzweise vorstellen. Der Höchste Herr Selbst! Der Höchste Herr spricht mit Seinem Freund Sudama und sagt: „Sudama, erinnerst du dich? Eines Tages sagte Guru Ma (die Frau des spirituellen Meisters) zu uns: 'Kinder, wir haben kein Holz mehr. Wie soll ich da kochen?' Da sagte Ich: 'Mach dir keine Sorgen, Mutter. Wir werden sofort in den Wald gehen, um Brennholz zu sammeln.' Wir gingen in den tiefsten Dschungel und sammelten Feuerholz und machten große Bündel, die wir uns gegenseitig auf den Kopf legten. Plötzlich zogen schwarze Wolken auf, und es begann zu regnen. Ehe man sich versah, war der Wald überflutet. Und wir zwei Freunde standen, uns an den Händen haltend, mit den Bündeln auf dem Kopf und bestärkten uns gegenseitig, dass wir das Holz nicht fallen lassen sollten. Und der Regen rauschte immer weiter.

Auch wir sind  Schüler, und das würden wir auch tun. Aber sind wir deshalb zu unserem spirituellen Meister gekommen? Um Holzbündel auf unserem Kopf zu tragen? Aber dies ist Kṛṣṇa selbst, und Er tut es nicht, um die Menschen zu beeindrucken. Diese beiden Freunde tragen ein schweres Bündel Brennholz - keine unbedeutende Sache - sie stehen da und tragen Bündel von Holz inmitten eines heftigen Regengusses, ihre Kleidung ist völlig durchnässt.

In der Zwischenzeit konnten Sandipani Muni und seine Frau, die guru-patni, im asrama die ganze Nacht hindurch kein Auge zudrücken. Sie dachte: „Ich habe die Kinder losgeschickt, um Holz zu holen, und jetzt haben sie solche Schwierigkeiten." Mitten in der Nacht stand Sandipani Muni auf und fing an, nach ihnen zu suchen. Er rief: „Wo ist Kṛṣṇa? Wo ist Sudama? O Gopala, wo bist Du?" Dann sah er vor sich dieses wundersame Bild. Oh, plötzlich rannen Ihm die Tränen über die Brust. Sandipani Muni lobte die beiden Schüler: „Was soll ich sagen? Ihr habt die Messlatte für den Dienst zum spirituellen Meister hochgelegt." Dann segnete er sie: „Ich segne euch, dass ihr niemals etwas von dem vergessen werdet, was ich euch gelehrt habe, weder in diesem noch im nächsten Leben." Ihr spiritueller Meister gab ihnen dann noch mehr Segnungen.

Wenn diese Gemütsstimmung dauerhaft wäre, wenn es sthai-bhāva wäre, dann wäre es besser. Aber sag mir, welchen Vorgang empfiehlst du, um es zu erlangen? Chantet den Heiligen Namen ohne Vergehen.

nama vina kali-kale nahi naya dharma
sarva-mnatra-sara nama ei sastra-marma

„Im Zeitalter des Kalis gibt es keine andere Religion, als das Chanten der Heiligen Namen. Der Heilige Name ist die Essenz aller heiligen Äußerungen – das ist die Schlussfolgerung aller Schriften.“ (Śrī Caitanya-caritāmṛta, Adi 7.74)

Es ist nicht nötig, eine große Anzahl von verschiedenen Mantras auswendig zu lernen. Es gibt nur ein paar Dinge, die man bei diesem, unserem essenziellen Mantra, beachten muss: Man muss es richtig chanten und Vergehen vermeiden. Aber das wird nicht einfach dadurch geschehen, dass man eine Japa-Mala in der Hand hält. Viele Menschen tragen eine Mala bei sich, sind aber damit beschäftigt, miteinander zu schwätzen. Unser Motto ist aviksepena satatyam - 'ständig chanten, ohne Ablenkung'. Deshalb fragen mich die Leute: „Sollen wir nie über Kṛṣṇas Taten meditieren? Sollen wir für immer dieses Nektars beraubt werden?' Ich antworte: 'Nur zu. Meditiert über sie. Und leite andere an, das Gleiche zu tun. Aber der Preis für diese Meditation ist Standhaftigkeit (niṣṭha) im Heiligen Namen."

Dies steht im Bhakti-rasāmṛta-sindhu (1.4.15-17):

ādauśraddhātataḥsādhu-saṅgaḥ  – Auf der Stufe des sādhu-saṅgaḥ nimmst du Zuflucht bei den Lotosfüßen des Spirituellen Meisters. Dann folgt bhajana-kriyā:

kona bhāgye kona jīvera ‘śraddhā’ yadi haya
tabe sei jīva ‘sādhu-saṅga’ ye karayasādhu-saṅga haite haya ‘śravaṇa-kīrtana’
sādhana-bhaktye haya ‘sarvānartha-nivartana’ anartha-nivṛtti haile bhaktye ‘niṣṭhā’ haya
niṣṭhā haite śravaṇādye ‘ruci’ upajayaruci haite bhaktye haya ‘āsakti’ pracura
āsakti haite citte janme kṛṣṇe prīty-aṅkurasei ‘bhāva’ gāḍha haile dhare ‘prema’-nāma
sei premā ‘prayojana’ sarvānanda-dhāma

„Wenn ein Lebewesen durch glückliche Umstände den Glauben (śraddhā) an Kṛṣṇa entwickelt, dann fängt man an, sich mit Gottgeweihten zu verbinden (sādhu-saṅga). In der Gemeinschaft mit Gottgeweihten beginnt man mit dem hingebungsvollen Dienst, indem man von Kṛṣṇa hört und chantet. Dies wird sadhana-bhakti genannt, und dadurch wird man frei von allen unerwünschten Verunreinigungen (anartha-nivṛtti). Wenn man von allen unerwünschten Verunreinigungen befreit ist, wird man in seinen hingebungsvollen Praktiken standhaft (niṣṭha). Wenn man in der hingebungsvollen Praxis gefestigt ist, wird Geschmack (ruci) erweckt. Nachdem dieser Geschmack erweckt ist, entsteht eine tiefe Anhaftung (āsakti), und aus dieser Anhaftung wächst im Herzen der Same der Liebe zu Kṛṣṇa. Wenn sich das ekstatische emotionale Stadium intensiviert, wird es Liebe zu Gott genannt. Solche Liebe ist das höchste Ziel des Lebens und das Reservoir aller Freuden." (Śrī Caitanya-caritāmṛta, Madhya 23.9-13)

Hier wird der Vorgang in seiner Gesamtheit beschrieben. Prüft sorgfältig die einzelnen Schritte. Was also ist niṣṭha, naiṣṭhikī bhakti? Jiva Gosvāmī definiert es in seinem Kommentar zum Bhakti-rasāmṛta-sindhu (1.4.15): aviksepena satatyam 'Beständigkeit ohne Ablenkung' citta-vikṣepa rahita jei nairantarya. Ich habe beobachtet, dass während ich über den Heiligen Namen meditiere, andere Gedanken kommen und gehen. Ich fange an, über wer weiß was zu denken. Ich sehe eine Krähe und fange an, über Krähen nachzudenken. Ich sehe einen Storch und fange an, über Störche nachzudenken. Wie viele verschiedene Möglichkeiten gibt es für den Geist, sich ablenken zu lassen. Aber wo ist die Beständigkeit ohne Ablenkung? Bhaktivinoda Ṭhākura schrieb in seinem Harināma-cintāmaṇi: „Ich habe hunderttausend Namen gezählt, aber kṛṣṇa-prema eka bindu na haila guṇa-maṇi - nicht ein Tropfen der Liebe zu Kṛṣṇa hat sich in mir manifestiert." Wo ist also diese intensive Liebe? Alles, womit ich mich beschäftige, ist eine Zahl, ein Zählspiel. Ah! Hare Kṛṣṇa.

Und was tat der Namacarya, Haridasa Ṭhākura? Er chantete seine Lakhs von Namen, manchmal still, manchmal laut, die ganze Nacht hindurch. Wenn am Morgen die Sonne aufging, sagte er zu sich selbst: „Was, die Sonne ist schon aufgegangen?" Niemand wusste, wann er seine Augen schließen würde, ob Tag oder Nacht. Können wir uns das vorstellen? Studiert also diese Sache, das ist  - aviksepena satatyam. Deshalb sage ich euch allen: 'Tut es! Macht bhajana. Führt euer bhajana aus und hoffentlich wird diese Stimmung, diese emotionale Einstellung, kommen. Aber wartet, bis ihr naiṣṭhikī-bhakti erreicht habt, und dann kommt und fragt mich. Wenn du kein naiṣṭhikī-bhakti hast, wie kannst du dann erwarten, dass sie kommt?' Ich werde naiṣṭhikī-bhakti weiter erklären. Das Bhagavata sagt:

tadā rajas-tamo-bhāvāḥ kāma-lobhādayaś ca ye

ceta etair anāviddhaṁ sthitaṁ sattve prasīdati

Tada: Wenn naiṣṭhikī-bhakti entstanden ist, dann verschwindet Leidenschaft und Unwissenheit und andere Unzulänglichkeiten aus dem Herzen. Im Zustand der reinen Tugend ist der Geist klar und zufrieden. Die Zufriedenheit der Seele lässt nicht lange auf sich warten. Und wenn wir diesen Punkt nicht erreichen, wie können wir dann etwas so Reines wie göttliches Gefühl erlangen?

Was ist unser Ziel? Um uns klarzumachen, was unser letztendliches Ziel ist, gab Śrīla Prabhupāda uns allgemeine Anweisungen für die aṣṭa-kālīya-līlā-smaraṇa einen Kartika-Monat. Er sagte, macht es. Aber chantet zuerst den Heiligen Namen. Lass zuerst ein wenig niṣṭha im Chanten entstehen. aviksepena satatyam. Versetze den Geist, bis zu einem gewissen Grad, in einen Zustand, in dem er fest und frei von Ablenkungen ist. Alles, was ich sehe, sind Ablenkungen, der Geist ist abgelenkt - citta viksepa. Andererseits, wenn man durch die Meditation über die Taten des Herrn einen Nutzen zieht, dann ist das eine andere Art, damit umzugehen.

Aber wenn unser Geist ständig von anderen Dingen abgelenkt wird, wie kann dann das intensive Verlangen nach den esoterischen Bereichen von bhajana erwachen? Wenn also meine Schüler unglücklich werden und fragen: „Mahārāja, werden wir für immer in diesem trockenen, emotionslosen Zustand bleiben?" Ich antworte: „Wenn ihr die Stufe von naiṣṭhikī-bhakti erreicht habt, dann könnt ihr tun, was ihr wollt. Und du kannst auch andere anweisen, das Gleiche zu tun. Aber wenn du den Zustand von naiṣṭhikī-bhakti noch nicht erreicht hast, wie willst du dann in der Lage sein, andere auf diese Weise zu beraten? Und außer dem Heiligen Namen gibt es keinen anderen Weg, diesen Zustand zu erreichen."

Es passiert einfach nicht, dass dein Bewusstsein durch eine andere Methode als den Heiligen Namen gereinigt wird. Du musst Standhaftigkeit im Heiligen Namen haben, du musst eine feste hingebungsvolle Haltung entwickelt haben - naiṣṭhikī-bhakti. Versteht ihr, worauf ich hinauswill? Wirst du darauf bestehen: „Wir müssen den Nektar von Kṛṣṇas līlā genießen?" Euer Herz muss erst ein gewisses Maß an Reinheit erreichen, bevor ihr Kṛṣṇas Pastime erreichen könnt. Solange es mit vielen verschiedenen Arten von Begierden, Lust, Zorn und Gier gefüllt ist, glaubst du, dass du die transzendentalen Gelüste erfahren kannst? Bist du auf der Plattform der reinen Tugend, śuddha-sattva, angekommen? Deshalb heißt es im Bhagavatam: tada rajas-tamo bhāvah - bedenke diesen Punkt sorgfältig. Kennt ihr diesen Vers?

adau śraddhā…
śraddhā-sabde visvasa kahe sudrdha niscaya
kṛṣṇa-bhakti kaile sarva-karma
kṛta haya

„Das Wort śraddhā, Vertrauen und Glaube, bedeutet die feste Überzeugung, dass alles durch die Hingabe an Kṛṣṇa vollbracht werden kann

Hier kommt die feste Überzeugung ins Spiel. Zuerst brauchst du diesen Glauben, dann wirst du mit Gottgeweihten in Verbindung kommen. Durch diese Gemeinschaft nimmst du Zuflucht bei einem reinen Gottgeweihten. Viśvanātha Cakravarti  hat zwei Kategorien der Gemeinschaft mit Gottgeweihten genannt, von denen eine der Dienst zu den großen Heiligen ist. Man beginnt mit dem Glauben und geht dann zur hingebungsvollen Gemeinschaft über. Darauf folgt bhajana-kriyā, Beschäftigung im hingebungsvollen Dienst. Dieser besteht aus Hören und Chanten und so weiter.

kona bhāgye kona jīvera ‘śraddhā’ yadi hayatabe sei jīva ‘sādhu-saṅga’ ye karayasādhu-saṅga haite haya ‘śravaṇa-kīrtana’sādhana-bhaktye haya ‘sarvānartha-nivartana’anartha-nivṛtti haile bhaktye ‘niṣṭhā’ haya

(Śrī Caitanya-caritāmṛta, Madhya 23.9-11)

Wenn ein Gottgeweihter die Stufe genannt jata ruci erreicht, dann erfährt er bestimmte ekstatische Symptome, wie Tränen usw. Im Bhagavata ist ein Vers: tadaśma-sāraṁhṛdayaṁbatedaṁ (Śrīmad-Bhāgavatam 2.3.24). Asma-sara -nichts als Stein, hart wie ein Donnerkeil.

aparādhaphale  mama, citta bhela vajra-sama
tuyā nāme nā labhe vikāra.
hatāśa haiye hari , tava nama ucca kari
bara duhkhe daki bara bara

„Aufgrund von Vergehen ist mein Herz so hart wie ein Donnerkeil, wenn ich chante erfahre ich keine Emotionen. Oh Hari, Ich habe jede Hoffnung verloren und so rufe ich in großem Schmerz wieder und wieder laut Deinen Namen.” (Gitavali, Śikṣāṣṭaka 6)

dīna -daya-maya karuṇā -nidan
bhāva-bindu dei rakhaha paran
kabe tuwa nama uccarane mora
nayane jharaba dara dara lora

"O Herr, Du bist voller Erbarmen für die Leidenden, Du bist ein Hort des Mitgefühls. Bitte erhalte mich am Leben, indem Du mir einen Tropfen göttlichen Gefühls schenkst. Wann werden Tränen aus meinen Augen fließen, wenn ich Deinen Heiligen Namen ausspreche?"

(Gitavali, Śikṣāṣṭaka 6)

So, wo können wir diesen Geist finden?

tad asma-saram hrdayam batedam
yad grhyamanair hari-nama-dheyaih
na vikriyetatha yada vikaro
netre jalam gatra-ruhesu harsah

„Gewiss ist dieses Herz von Stein, wenn es sich nicht in Ekstase verwandelt und Tränen die Augen füllen und die Haare aufrecht stehen, obwohl man die Heiligen Namen des Herrn chantet.”

(Śrīmad-Bhāgavatam 2.3.14)

Überlegt einen Moment lang. Wenn du ruci nicht erreicht hast und es vortäuschst, schaffst du es irgendwie, dir eine klitzekleine Träne aus dem Auge zu winden. Sobald sie vergossen ist, denkst du: „Oh! Jetzt kann ich bhajana machen. Jetzt kann ich mich an den Pastimes des Herrn erfreuen."

Als ich in der Bagh Bazaar Gauḍīya Matha war, pflegte ich Abendvorträge über das Bhagavatam zu halten, zu denen viele kultivierte Menschen kamen, um zuzuhören. Dabei begann ich, über Kṛṣṇas Pastimes aus dem Zehnten Gesang zu referieren. Mein Gottbruder Madhusudana Mahārāja war unter den Zuhörern, und auch viele andere kamen und erfreuten sich an all diesen Themen. Aber die Nachricht von diesen Lesungen erreichte Śrīla Prabhupāda - er war zu dieser Zeit in Puri-dhama. Prabhupāda sagte daraufhin, dass der Genuss von Kṛṣṇas Pastimes nicht zu jeder Zeit und unter allen Umständen erfolgen sollte.

prathamaṁ namnah sravanam antaḥ-karaṇa-śuddhy arthaṁ apeksyam. śuddhe  cantah-karane rūpa-sravanena tad-udaya-yoyata bhāvati. samyag-udite ca rūpe guṇanam sphuranam sampadyate. sampanne ca guṇanam sphurane parikara-vaisistyena tad-vaisistyam sampadyate. tatas tesu nām a-rūpa-guṇa-parikaresu samyak sphuritesu līlānām  sphuranāmsuṣṭhu  bhāvati

„Zuerst wird erwartet, dass man die Namen des Herrn hört, um das Herz zu reinigen. Wenn der Geist und die Intelligenz auf diese Weise gereinigt sind, kann man über die Form Kṛṣṇas hören, wodurch man die Eignung erhält, sie zu visualisieren. Wenn man die Form des Herrn klar visualisiert hat, kann man Seine Eigenschaften erfahren. Wenn man diese klar verstanden hat, entwickelt man seine eigenen individuellen spirituellen Eigenschaften durch die besonderen Eigenschaften der Gefährten des Herrn. Wenn man also den Namen, die Form, die Eigenschaften und die Gefährten des Herrn erkannt hat, folgt eine klare Erkenntnis der Aktivitäten von Kṛṣṇa."

(Krama-sandarbha Kommentar zum Śrīmad-Bhāgavatam 7.5.18)

prathamaṁ namnah śravaṇaṁ antaḥ-karaṇa-śuddhy arthaṁ. Zuerst muss man die Namen des Herrn hören, damit der Geist und die Intelligenz gereinigt werden. Danach kann man anfangen über Kṛṣṇas Gestalt zu hören, wodurch die  Fähigkeit erlangt wird sie zu visualisieren. Ich habe von Seiner Form gehört - Syamasundara. Das ist einer von Kṛṣṇas Namen. So, was ist dieses syama, diese schwärzliche Form? Sobald ich über Kṛṣṇas Form Bescheid weiß, kann ich damit anfangen, von Seinen Eigenschaften zu hören. Was sind Seine Eigenschaften? Zum Beispiel, ob Er liebevoll ist zu Seinen Gottgeweihten, und so weiter.

Wir hören von Seinem herrlichen Wesen. Erst nachdem wir all dies durchlaufen haben, kommen wir zum līlā-katha. Zuerst rūpa, dann guṇa, und erst danach līlā. Wenn wir diesem Ablauf nicht folgen und versuchen Kṛṣṇas līlā vorzeitig zu kosten, dann können wir vielleicht einige zeitweilige Gefühle entwickeln, aber sie werden nicht von Dauer sein, kein stetiges bhāva. Deshalb sagte uns Prabhupāda, dass Mahāprabhu immer wieder die Lebensgeschichten von Dhruva, Prahlada und von Gadādhāra Pandita Gosvāmī hörte. Warum gab Er uns dieses Beispiel? Der Grund dafür war, dass er wollte, dass wir von falschen Emotionen Abstand nehmen, und die Fähigkeit entwickeln echte Gemütsstimmungen zu erfahren. Deshalb hat er uns gesagt, dass wir es auf diese Weise machen sollen.

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