Die Feinheiten des wahren Sevā

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Was muss man wissen, bevor man dient

ya śāstra-vidhim utsjya
varttate kāma-cārata

na sa siddhim avāpnoti
na sukha
na parā gatim

Śrīmad Bhagavad-gīta (16.23)

Wer sich über die Anweisungen der Schriften hinwegsetzt und nach seinen Launen handelt, erreicht weder Vollkommenheit, Glück noch das höchste Ziel.

Eine Person, die mit einem völlig unabhängigem Gemüt Dienst leistet, ohne irgendeine Anweisung zu akzeptieren, leistet den Vaiṣṇavas oder Bhagavān keinen wahren Dienst, sondern ist nur bestrebt, seine eigenen Sinne zu befriedigen. So ein Mensch ist bekannt unter dem Namen svecchācāri, bzw. ein Mensch, der nur nach seinen eigenen Wünschen handelt. Bevor man irgendeinen Dienst anfängt, muss man die Gemütsstimmung und Wünsche des sevya (Ziel des Dienstes) erkennen. Erst nachdem man dieses Verständnis erlangt hat, kann der eigene Dienst wirklich den sevya zufriedenstellen und überhaupt sevā genannt werden. Ansonsten ist der eigene Dienst einfach nur svecchācāritā (ein Akt der Unabhängigkeit). Man kann oft beobachten, dass jemand immer wieder darauf besteht, dass er einem Vaiṣṇava Dienst leisten möchte.  Obwohl der Dienst dieser Person dem Vaiṣṇava nicht zufriedenstellt, erlaubt ihm der Vaiṣṇava weiterzumachen, so dass dieser Mensch seinen Wunsch erfüllen und der Vaiṣṇava weitere Belästigung vermeiden kann. Diese Person kann ein Gefühl des Akzeptiert seins entwickeln, und hat jetzt die Chance seinen gewünschten Dienst zu tun, aber diese Aktivität kann niemals als wahrer Dienst betrachtet werden.  

Unabhängige Aktivitäten führen zu grossen Belastungen

śruti-smti-purāādi
pañcarātra-vidhi
vinā
aikāntikī harer bhaktir
utpātāyaiva kalpate

Bhakti-rasāmta-sindhu (1.2.101)

Eine Person verursacht nur Störungen, wenn sie die in den Śruti, Smti, den Purāas und dem Nārada-pañcarātra gegebenen Vorschriften missachtet, selbst wenn ihr Dienst auf Śrī Hari ausgerichtet ist.

Ekāntika-bhakti (fokussierte Hingabe) bedeutet per Definition, den Dienst in einer Weise zu leisten, die dem am meisten verehrten Objekt des Dienstes zufriedenstellt. Daher können nur Aktivitäten, die dem sevya Freude bereiten, als Dienst bezeichnet werden.

Eine Handlung, zwei Kategorien: Arbeit und Seva

Bhagavān Ācārya und Mādhavī-devī sind die ewigen Gefährten von Śrī Caitanya Mahāprabhu. Einmal trug Choṭa Haridāsa auf Anweisung von Bhagavān Ācārya einen Sack Reis auf seinem Kopf von Purī zum Haus von Mādhavī devī in Ālālanātha und brachte im Gegenzug Reis aus ihrem Haus zurück in das Haus von Bhagavān Ācārya, der diesen Reis später kochte und ihn Śrīman Mahāprabhu darbot.

Sobald Śrīman Mahāprabhu den Reis nahm, erkundigte er sich nach dessen Herkunft. Als Bhagavān Ācārya Ihm mitteilte, daß Choṭa Haridāsa ihn aus dem Haus von Mādhavī-devī mitgebracht hatte, lobte Er den Reis und erschien äußerlich unbesorgt, war aber innerlich höchst unzufrieden. Als Er zu Seinem Wohnsitz zurückkehrte, wies Er sofort Seinen persönlichen Diener, Govinda Prabhu, an, dass er Choṭa Haridāsa nicht mehr erlauben sollte Ihn zu besuchen. Deswegen erwähnte Śrī Jagadānanda Paṇḍita im Prema-vivarta (8.7):  „gopanete atyācāra gorā dhare curi— auch wenn du dich heimlich schlecht benimmst, Gaura kriegt dich.” Eine Person kann vielleicht sein unmoralisches Verhalten vor der Welt verstecken, aber Gaurāṅga Mahāprabhu kriegt ihn mit Sicherheit, weil Er allgegenwärtig ist. Auf dem ersten Blick erscheint es, dass Choṭa Haridās einen Akt des Dienens ausgeführt hat, als er Reis auf seinem Kopf von Purī nach Ālālanātha und zurück transportierte. Aber weil diese Aktivität Śrīman Mahāprabhu nicht zufriedengestellt hat, wurde es nicht einmal als karma bezeichnet; eher als einfache körperliche Arbeit. Wäre Mahāprabhu mit dieser Aktivität zufrieden gewesen, hätte man sie als bhakti betrachtet.

Die Vermischung von Dienen und Verbotenen Tätigkeiten führt dazu, dass das Objekt des Dienstes nicht zufriedengestellt wird

Was war dann der Fehler von Choṭa Haridāsa? Ohne in die Einzelheiten zu gehen, machte es Śrī Caitanya Mahāprabhu sehr klar, dass Choṭa Haridāsa etwas entgegen den vorgeschriebenen Regeln und Regulierungen seines āśrama getan hat.

prabhu kahe—vairāgī kare prakti sambhāaa
dekhite nā pārõ āmi tāhāra vadana

Śrī Caitanya Mahāprabhu sagt: „Ich kann das Gesicht eines Entsagten nicht sehen, der [mit Lust] mit Frauen spricht.“

durvāra indriya kare viaya-grahaa
dāru prak
ti hare munerapi mana

Śrī Caitanya-caritāmta (Antya-līlā 2.117-118)

“Es ist so schwierig, die Sinne davon abzuhalten, nach Objekten des Genusses zu greifen; sogar eine hölzerne Statue einer Frau raubt den Verstand eines Heiligen.”

kudra-jīva saba markaa-vairāgya kariyā
indriya carāiya bule ‘prak
tisambhāiyā

Śrī Caitanya-caritāmta (Antya-līlā 2.120)

"Es gibt viele Menschen mit wenig Besitz, die wie Affen den Lebensstand der Entsagung annehmen. Sie gehen hierhin und dorthin, vergnügen sich mit Sinnesbefriedigung und sprechen intim mit Frauen."

prabhu kahe,—“mora vaśa nahe mora mana
prak
ti-sambhāī vairāgī nā kare darśana

Śrī Caitanya-caritāmta (Antya-līlā 2.124)

Des Weiteren sagt Er: „Mein Geist unterliegt nicht Meiner Herrschaft. Er möchte niemanden sehen, der im Lebensstand der Entsagung ist und vertraulich mit Frauen spricht.“  

‘haridāsa kā̃hā? ’ĵadi śrīvāsa puchilā
‘sva-karma-phala-bhuk pumān’—prabhu uttara dilā

Als Śrīvāsa Paṇḍita sich bei Śrī Caitanya Mahāprabhu erkundigt: „Wo ist Choṭa Haridāsa?” antwortete der Herr: „Ein Mensch kann sicher sein, dass er die Ergebnisse seines karmas erhält.“

tabe śrīvāsa tāra vttānta kahila
ĵaiche sa
kalpa, ĵaiche triveī praveśila

Śrīvāsa Paṇḍita erzählte dann die Einzelheiten von Haridāsas Entscheidung, ins Wasser zu gehen (um sich das Leben zu nehmen-- Anm. d. Übers.) , dort wo die Flüsse Gaṅgā, Yamunā und Sarasvatī zusammentreffen.

śuni’ prabhu hāsi’ kahe suprasanna citta
‘prak
ti darśana kôile ei prāyaścitta

Śrī Caitanya-caritāmta (Antya-līlā 2.163-165)

Als Śrī Caitanya Mahāprabhu diese Einzelheiten erfuhr, lächelte Er in freudiger Stimmung und sagte: „Wenn man mit sinnlichen Absichten Frauen ansieht, ist dies die einzige Sühne."

Obwohl die Einzelheiten von keinem unserer früheren ācāryas erwähnt wurden, hat Śrīla Prabhupāda Bhakti Siddhānta Sarasvatī Ṭhākura - der ein ācārya in der wahren Linie von Śrīla Kṛṣṇadāsa Kavirāja Gosvāmī und ewiger Gefährte von Śrīman Mahāprabhu ist, und damit allwissend wie Er – im Detail erklärt, warum Śrī Caitanya Mahāprabhu Choṭa Haridāsa äußerlich ablehnte. Śrīla Prabhupāda zeigte in seiner Sat-śikṣā Pradarśanī (Ausstellung zur spirituellen Erziehung), dass Mādhavī-devī, eine ältere, im hingebungsvollen Dienst fortgeschrittene Gottgeweihte und eine der dreieinhalb Gefährten von Śrīman Mahāprabhu, eine junge Magd in ihrem Haus hatte. Es war diese Magd, die Choṭa Haridāsa mit lüsternen Augen ansah und mit der er vertraulich ‚sprach‘.

Einschränkungen bei der Annahme von Diensten

Während Seines Pastimes hat Śrī Caitanya Mahāprabhu klar demonstriert, wie eine einfache Berührung eines Sinnesgenießers den sādhaka beeinflusst. Wenn sogar ungegarte Getreidekörner die Gefühle und das Bewusstsein von denen, die es berühren, tragen, was kann man dann von geopferten Speisen sagen, die von Nicht-Gottgeweihten oder von Menschen mit materiellen Wünschen, gekocht wurden? Aus diesem Grund haben uns unsere ācāryas geraten, sehr vorsichtig zu sein, was wir von anderen annehmen. In Hindi wird gesagt: „jaisā khāyoge anna, vaisā banega mana — man entwickelt das Bewusstsein im Getreide, welches er isst.” An anderer Stelle erwähnt Śrī Caitanya Mahāprabhu:

viayīra anna khāile malina haya mana
malina mana haile nahe k
ṛṣṇera smaraa

Śrī Caitanya-caritāmta (Antya-līlā 6.278)

Wenn Getreide eines Materialisten gegessen wird, dann verunreinigen sie den Geist. Ein verunreinigter Geist kann sich nicht an Kṛṣṇa erinnern.

Śrīman Mahāprabhu war in diesen subtilen Punkten so feinfühlig, dass er sofort die Gemütsstimmung erkennen konnte, die im geopferten Reis enthalten war. Obwohl ein gewöhnlicher Mensch nicht so fortgeschritten sein mag, dass er das subtile Bewusstsein in den Opferspeisen, die von materialistischen Menschen durchgeführt wurden, identifizieren kann, in der Tat, die Auswirkung existiert und man muss ganz sicher die Reaktionen ertragen. Wenn wir uns also wirklich ernsthaft um bhakti bemühen, sollten wir einfach den Lehren unserer guru-vargas folgen und gleichzeitig unsere Unfähigkeit anerkennen, das Bewusstsein derer, die uns Speisen anbieten, richtig zu verstehen.

Eine Lektion über das richtige Bewusstsein für den Dienst

Śrīla Kṛṣṇadāsa Kavirāja Gosvāmī hat erwähnt, dass Choṭa Haridāsa nicht als ein   Mensch mit lüsternen Wünschen betrachtet wird. In der Tat, er ist ein ewiger Gefährte von Śrī Caitanya Mahāprabhu und durch ihn, vermittelte uns Śrīman Mahāprabhu mehrere nützliche Lehren, wie es in den oben erwähnten Pastime erwähnt wird.

mahāprabhu—kpā-sindhu, ke pāre bujhite?
priya bhakte da
ṇḍa karena dharma bujhāite

Śrī Caitanya-catirāmta (Antya-līlā 2.143)

Śrīman Mahāprabhu ist ein Ozean von Barmherzigkeit. Wer kann Ihn verstehen? Indem Er Seine lieben Geweihten tadelt, etabliert Er dharma.

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