Upamanyu--der ideale Guru-sevaka

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von

Śrīla Bhakti Siddhānta Sarasvatī Ṭhākura Prabhupāda

Der große ācārya Āyodadhaumya Muni hatte einen Schüler namens Upamanyu. Einmal wies er Upamanyu an, die Kühe jeden Tag auf die Weide zu führen und bei Sonnenuntergang mit ihnen zum āśrama zurückzukehren. Also folgte er der Anweisung seines gurus. Upamanyu beschützte die Kühe seines gurus und führte sie jeden Tag auf die Weide und wenn er zum Sonnenuntergang zurückkehrte, brachte er seinem gurudeva ausgestreckte Ehrerbietung dar und setzte sich mit gefalteten Händen vor ihn.

Eines Tages, stellte sein gurudeva fest, dass Upamanyu einen sehr gesunden Eindruck machte und er fragte ihn: „Oh mein Sohn Upamanyu, du wirkst sehr gesund und stark. Was isst du jeden Tag?”  

„Oh gurudeva,” antwortete Upamanyu, „ich erhalte mich, indem ich um Almosen bitte.“

„Hör gut zu,” sagte der ācārya. Es ist völlig unangemessen, dass du ohne mein Wissen oder meine Erlaubnis irgendetwas, das du sammelst, als Almosen annimmst."

Von diesem Tage an, begann Upamanyu, auf Anweisung seines gurudevas, alles Getreide, das er als Almosen sammelte, seinem gurudeva darzubringen, aber der ācārya nahm immer das ganze Almosen für sich allein und gab Upamanyu nichts davon ab.

Eines Tages kehrte Upamanyu wie üblich am Abend mit den Kühen zurück und brachte seinem gurudeva Ehrerbietung dar. Aber als der ācārya sah, dass sein Schüler immer noch sehr gesund aussah und eigentlich auch ziemlich stark, fragte er ihn: „Oh mein Sohn, Ich nehme all die Speisen, die du erbettelst und gebe dir nichts davon ab, aber ich stelle fest, dass du immer noch sehr gesund aussiehst. Was isst du?  

“Oh mein Herr,” antwortete Upamanyu, „nachdem ich dir alle Almosen gegeben habe, die ich für dich gesammelt habe, gehe ich noch einmal aus, um Almosen zu betteln, so dass ich ein paar Handvoll zu essen habe.

 „Schau her!” rief der ācārya, „dieses Benehmen ist für einen Gentleman, weder dem dharma gemäß, noch ist dieses Handeln ihm angemessen. Dadurch nimmst du anderen Bettlern ihren Teil weg. Außerdem wirst du so allmählich sehr gierig werden.  

Upamanyu nahm diese Anweisung seines guru auf seinen Kopf und fuhr fort jeden Tag seine Kühe auf die Weide zu führen.

Dann eines Tages, als Upamanya in der Dämmerung von der Weide zurückkam und seinem guru Ehrerbietung darbrachte, fragte der ācārya wieder: „Oh mein Sohn Upamanyu, ich nehme alle Almosen, die du sammelst, wenn du hier hin und dorthin wanderst, und ich habe dir verboten, für dich selbst zu sammeln, aber du siehst noch gesünder aus als vorher! Was isst du in diesen Tagen?" “Ich habe mein Leben erhalten, indem ich Kuhmilch getrunken habe,“ antwortete Upamanyu.

„Aber ich habe dir nie die Erlaubnis gegeben Milch zu nehmen,“ rief der ācārya. “Du hast ein großes Unrecht begangen.”  

So bat Upamanyu seinem guru um Vergebung und fuhr mit seinem Dienst fort, die Kühe jeden Tag auf die Weide zu führen. Ein paar Tage später, als Upamanyu von der Weide zurückgekehrt war und seinem gurudeva Ehrerbietung erwies, fragte der ācārya wieder:  „Upamanyu mein Sohn, du gibst alle Almosen, die du einsammelst mir, ohne etwas davon zu essen. Du gehst nie ein zweites Mal aus, um für dich selbst zu betteln und ich habe dir verboten Kuhmilch zu nehmen. Wie kommt das, dass du immer noch so gesund aussiehst. Was isst du jetzt?”   

“Nachdem die Kälber die Milch aus dem Euter ihrer Mütter getrunken haben, sammele ich den Schaum, der aus ihren Mündern herausgetropft ist,“ erklärte Upamanyu.

“Die Kälber sind sehr friedvoll. Um dir Barmherzigkeit zu erweisen, trinken sie nicht die ganze Milch, die sie brauchen, sondern lassen dir lieber etwas übrig in der Form von Schaum an ihren Mündern.   Du stiehlst ihre Nahrung. Tu das nicht mehr.“

Upamanyu nahm diese Anweisung seines śrī gurdeva auf seinen Kopf und fuhr fort mit seinem guru-sevā.

Eines Tages, während Upamanyu die Kühe weidete, wurde er sehr hungrig und durstig. Er wusste nicht, was er tun sollte. Wenn er nicht in der Lage ist, sein Leben zu erhalten, dann würde er den Dienst zu seinem guru aufgeben müssen. Mit diesem Gedanken aß er ein paar ākanda Blätter (calotropis gigantea), ohne zu wissen, dass sie extrem giftig sind.

Er wurde fast sofort blind. Allein und ohne Augenlicht wanderte Upamanyu hilflos umher, bis er in einen Brunnen fiel.  

Inzwischen war die Dämmerung eingetreten und wieder vergangen, doch Upamanya war immer noch nicht zurück. Der ācārya begann sich Sorgen zu machen.  Er sagte zu seinen anderen Schülern: „Ich wies Upamanyu an kein Essen zu sich zu nehmen. Jetzt mache ich mir Sorgen, ob er zu schwach ist, um zurückzukehren.“

Nach diesen Worten nahm der ācārya ein paar seiner Schüler mit sich in den Wald um nach Upamanyu zu suchen, während sie laut seinen Namen riefen. Als sie sich dem Brunnen näherten, hörte Upamanyu die Rufe des ācārya. Mit lauter Stimme, aber voller Demut, erzählte er die Geschichte, weshalb er in den Brunnen gefallen war.  

Als der ācārya von Upamanyus Zustand erfuhr, riet er ihm, den Zwillingen Aṣvinī Kumāras, den Ärzten der Halbgötter, Lobgebete darzubringen, und teilte ihm mit, dass die Krankheit, die ihn geblendet hatte, durch ihre Gnade geheilt werden könne.

Die Āṣvinī Kumāras waren mit den Gebeten von Upamanyu sehr zufrieden. Sie erschienen vor ihm und boten ihm einen kleinen Kuchen an, den er essen sollte und sie erklärten ihm, dass dieser kleine Kuchen die Krankheit heilen würde, die ihn geblendet hatte. 

Upamanyu antwortete: „Ich kann diesen Kuchen nicht annehmen, bevor ich ihn nicht zuerst  Śrīla Gurudeva geopfert habe und seine Erlaubnis erhalten habe.“  

Die beiden Āṣvinī Kumāras sagten: Zuvor brachte uns dein gurudeva auch Gebete der Verherrlichung dar. Wir waren damals sehr zufrieden mit ihm und gaben ihm deshalb einen Kuchen.   Er aß den Kuchen ohne die Erlaubnis seines gurus, also, solltest du, als sein Schüler genauso handeln, wie dein ācārya.”

Upamanyu faltete seine Hände und sprach zu den Āṣvinī Kumāras: „Ich bitte euch demütig, verlangt nicht, dass ich den Kuchen essen soll, ohne ihn zuerst Śrīla Gurudeva dargebracht zu haben.”

Die Āṣvinī Kumāras waren sehr erfreut über Upamanyus intensive guru-bhakti. Sie sagten: „Du wirst deine Sehkraft wieder gewinnen und du wirst die höchste Glücksverheißung erlangen.“

Upamanyu erlangte sofort seine Sehkraft wieder und wurde aus dem Brunnen geholt. Er kehrte zu seinem gurudeva zurück und fiel zu seinen Lotosfüßen nieder. Dann erzählte er alles, was geschehen war. „Der ācārya war so erfreut, dass er Upamanyu segnete: „Du hast die Prüfung bestanden“, sagte er. „Nun werden alle Veden und dharma-śāstras für immer auf dem Pfad deines Gedächtnisses bleiben und du wirst die höchste Glücksverheißung erfahren.“  


* * *

Diese Erzählung aus dem Mahābhārata gibt uns das Beispiel eines idealen guru-sevaka. Der wahre guru-sevaka wird persönlich niemals irgendein Objekt genießen, dass seinen guru gehört. Der Dienst allein ist sein nitya-dharma, bzw. ewige innewohnende Aufgabe. Wie ernsthaft und streng die Anweisungen von śrī guru auch sein mögen, der wahre guru-sevaka befolgt sie zufrieden, ohne abzuweichen. Während er seinem guru dient, vergisst ein solcher Schüler sein persönliches Glück. Er ist sogar bereit, sein eigenes Leben zu opfern, um seinem guru zu dienen. Der wahre guru-sevaka denkt wie folgt:

tomāra sevāya dūkha haya yata
sei to parama sukha
sevā-sukha-dū
kha, parama sampada
nāśaye avidhyā-dū
kha

Śaraāgati(2.8) by Śrīla Bhaktivinoda Ṭhākura

Was immer ich an Leid erdulde, wenn ich dir diene, das erlebe ich als das größte Glück. Während ich dir diene, sind sowohl Glück als auch Leid der höchste Reichtum, denn sie zerstören das Elend der Unwissenheit.

Der Schüler, der den Anweisungen und Lehren seines gurus   folgt, anstatt seine Handlungen und Praktiken zu imitieren, wird niemals die Barmherzigkeit seines gurus verlieren. Anstatt den Rat der Āṣvinī Kumāra zu befolgen, die Handlungen seines gurus nachzuahmen, folgte Upamanyu der Anweisung seines gurus. Er weigerte sich, den heilenden Kuchen ohne die Erlaubnis seines gurus zu essen. Ein intelligenter Mensch weiß, wie man den Anweisungen und Lehren (ī) großer Persönlichkeiten folgt. Allein dadurch werden alle seine sehnlichsten spirituellen Wünsche erfüllt. Niemand, außer denen, die mit dieser Gesinnung śrī guru dienen, können die schwierigste Prüfung bestehen, die ihnen die Welt auferlegt.  Alle tiefen und geheimen Wahrheiten der Schriften manifestieren sich allein in ihren Herzen und bleiben für immer auf dem Pfad ihres Gedächtnisses! Allein durch die Gnade von śrī gurudeva wird die höchste Verheißung - der Dienst an Śrī Kṛṣṇa - erlangt.

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