Sein guru-niṣṭhā
Als pūjyapāda Bhaktivedānta Vāmana Mahārāja als kleiner Junge in die maṭha kam, gab ihn seine Mutter in die Obhut von Śrī Vinoda-bihārī Brahmacārī (später bekannt als Śrī Śrīmad Bhakti Prajñāna Keśava Gosvāmī Mahārāja), und er ging in die Schule des Bhaktivinoda Instituts. Nach einiger Zeit, nachdem Śrīla Prabhupāda Bhaktisiddhānta Sarasvatī Ṭhākura aus dieser Welt verschieden war, gab es einige Unruhen in der maṭha, und Śrī Vinoda-bihārī Brahmacārī wurde zusammen mit vielen anderen Gottgeweihten aufgrund einer falschen Anschuldigung ins Gefängnis gesteckt. Pūjyapāda Vāmana Mahārāja (damals Śrī Sajjana-sevaka Brahmacārī) hatte kein mantra-dīkṣā von Śrīla Prabhupāda erhalten, und so konnte er nicht für Śrī Vinoda-bihārī Brahmacārī und all die anderen inhaftierten Gottgeweihten kochen. Um dem abzuhelfen, gab Śrī Vinoda-bihārī Brahmacārī Śrī Sajjana-sevaka Brahmacārī das mantra-dīkṣā durch die Gitterstäbe seiner Gefängniszelle und später führte Śrī Śrīmad Bhakti Vicāra Yāyāvara Gosvāmī Mahārāja das Feuer-yajña für seine dīkṣā Zeremonie aus. Śrī Sajjana-sevaka Brahmacārī konnte dann das prasāda für alle gefangenen Gottgeweihten zubereiten. Obwohl Śrī Sajjana-sevaka Brahmacārī dabei war, als Śrī Vinoda-bihārī Brahmacārī in Gefangenschaft geriet, sein niṣṭhā war von der Art, dass er niemals die Qualifikation von Śrī Vinoda-bihārī Brahmacārī als guru anzweifelte. Er dachte nicht einen Moment lang: „Wie kann ich eine Person als guru akzeptieren, deren Handlungen ihn ins Gefängnis gebracht haben?”
Kein Neid und keine Besitzgier
Obwohl er ein Schüler von Śrī Śrīmad Bhakti Prajñāna Keśava Gosvāmī Mahārāja war, begleitete Śrī Sajjana-sevaka Brahmacārī meinen paramārādhyatama Guru Mahārāja, Śrī Śrīmad Bhakti Dayita Mādhava Gosvāmī Mahārāja, oft auf Prediger-Reisen. In jenen früheren Tagen gab es kaum einen Unterschied zwischen den maṭhas von den Schülern von Śrīla Prabhupāda, die sich eng an sein vāṇī hielten. Śrī Sajjana-sevaka Brahmacārī pflegte die Gemüsegärten der Śrī Caitanya Gauḍīya Maṭha in Māyāpura zu besuchen, und ohne, dass es nötig war um Erlaubnis zu bitten, pflückte er Gemüse, was immer er für den Dienst der Vaiṣṇavas, die in der Śrī Devānanda Gauḍīya Maṭha lebten, benötigte. Niemand dachte: „Das ist unser Land und das ist unser Gemüse.” Damals benutzte er niemals eine Rikscha und so trug er all das gesammelte Gemüse zu Fuß in die Śrī Devanānda Gauḍīya Maṭha. Ich entwickelte großes Vertrauen und großen Respekt für ihn, als ich seine unermüdlichen Anstrengungen im vaiṣṇava-sevā beobachtete.
Solche Bedenken und Unterscheidungen zwischen den maṭhas gab es zu jener Zeit nicht, nicht einmal unter den ācāryas. Die beiden führenden Gottbrüder von pūjyapāda Vāmana Mahārāja—pūjyapāda Bhaktivedānta Trivikrama Mahārāja und pūjyapāda Bhaktivedānta Nārāyaṇa Mahārāja — traten der maṭha bei, als das Ergebnis der Bemühung des Predigens von Śrī Śrīmad Bhakti Kamala Madhusūdana Gosvāmī Mahārāja (damals Śrī Narottamānanda Brahmacārī), ein Schüler von Śrīla Prabhupāda. Als ihre Anziehung zu bhakti erwacht war, nahm Śrīla Madhusudana Gosvāmī Mahārāja sie zu seinem Gottbruder Śrīla Keśava Gosvāmī Mahārāja. Es gab keinen Neid oder die Vorstellung: 'Weil ich diese Gottgeweihten genährt habe und auf den Pfad des bhakti brachte, sind sie deshalb meine Schüler.' Ähnlich brachte mein Guru Mahārāja viele Gottgeweihte zu Śrī Śrīmad Bhakti Saraṅga Gosvāmī Mahārāja and Śrī Śrīmad Bhakti Vicāra Yāyāvara Gosvāmī Mahārāja.
Seine Demut
Nach dem Verscheiden von Śrī Śrīmad Bhakti Jīvana Janārdana Gosvāmī Mahārāja, wurde eine dreitägige viraha mahotsava in seiner Khaḍagapura Maṭha abgehalten. Ich war eingeladen, der sabhā-pati (Vorsitzende) für den ersten Tag zu sein, und pūjyapāda Vāmana Mahārāja war eingeladen, am dritten Tag der sabhā-pati zu sein. Pūjyapāda Vāmana Mahārāja musste einen Zug von Chennai (damals Madras) nach Khaḍagapura nehmen, um der Versammlung beizuwohnen. Da sein Zug Verspätung hatte, kam er etwas verspätet zum Programm, und so wurde ich gebeten, die Verantwortung des sabhā-pati zu übernehmen. Als pūjyapāda Vāmana Mahārāja eintraf und ihm die Gelegenheit gegeben wurde, zu sprechen, wandte er sich an mich und fragte: „Wie lange soll ich sprechen?" Ich antwortete: „Mahārāja, du bist heute der eigentliche sabhā-pati; Zeitbegrenzungen gelten für dich nicht." Obwohl er krank war und seine Diener ihn immer wieder aufforderten, mit dem Sprechen aufzuhören, fuhr er fort, ohne sich um sein körperliches Wohlbefinden zu sorgen, und zeigte so seine starke Anhaftung an die Verherrlichung von Śrī Hari, guru und Vaiṣṇavas.
Sich aus Schwierigkeiten heraushalten
Während des Festivals in Khaḍagapura, hatte ich das Zimmer neben pūjyapāda Vāmana Mahārāja. Wenn wir uns unterhielten, diskutierten wir immer die Lehren und das Verhalten von Śrīla Prabpāda. Er erzählte mir: „Ich habe in meinem Leben drei Generationen von Gottgeweihten gesehen und ich bin erstaunt, wie die Gottgeweihten die Umsetzung von Śrīla Prabhupādas Lehren und Verhalten verwässert haben. Ich möchte dir eines sagen, aber nimm es bitte eher als Ratschlag denn als Anweisung, denn ich bin nicht so arrogant zu glauben, dass ich qualifiziert bin, jemanden zu belehren: ‘dekhibe, śunibe, bolibe nā — Beobachte und höre, aber sprich nicht.' Wenn du das befolgst, dann wirst du keine Schwierigkeiten haben.“ Er hielt sich in seinem eigenen Leben tadellos an dieses Ideal und bewahrte eine perfekte vaiṣṇava-maryādā bzw. eine Etikette, die einem Vaiṣṇava angemessen ist.
Ich bemerkte einmal ein besonderes Beispiel im Verhalten von pūjyapāda Vāmana Mahārājas. Während dem Navadvīpa-dhāma parikramā, wenn sich tausende von Gottgeweihten versammelten, um ihn sprechen zu hören, würde er schweigen, um seinen Schülern richtiges Verhalten zu lehren, und seine jüngeren Gottbrüder - pūjyapāda Trivikrama Mahārāja und pūjyapāda Nārāyaṇa Mahārāja - bitten, hari-kathā zu sprechen. Er sagte mit tiefer Demut: „Obwohl sie als Junior zu mir betrachtet werden, wissen sie in Wirklichkeit viel mehr als ich." Obwohl er über ein enormes Wissen verfügte, im tiefgründigen Siddhānta unserer Schriften verankert und ein erfahrener Redner war, hielt er sich zurück und ließ stattdessen andere zu Wort kommen. Ein solch vorbildliches Verhalten können wir heutzutage bei Gottgeweihten nicht mehr beobachten. Viele Gottgeweihte scheinen prasava-pīḍā (Wehen) zu erleben, wenn sie nicht die Gelegenheit erhalten, hari-kathā zu sprechen; sie können es nicht ertragen, andere sprechen zu lassen, selbst wenn qualifiziertere Gottgeweihte anwesend sind oder das Publikum klein ist.