Ein kurzer Artikel aus der Zeitschrift SREE SAJJANA-TOSHANI oder THE HARMONIST. Herausgegeben von Paramahamsa Paribrajakacharyya Sri Srimad Bhakti Siddhanta Saraswati Goswami Maharaj. Veröffentlicht zwischen 1927 – 1936
Die Seele wird von den Shastras als ein transzendentales Wesen verkündet, das sich auf einer Ebene befindet, die absolut frei von aller weltlichen Rohheit und Mängeln ist. Die Seele kennt keinen Mangel. Die Seele ist erfüllt von immerwährender Freude. Selbst die Sorgen der Seele sind nur eine exquisite Form der wahren Freude. Diese Vorstellung soll auf einen Zustand hinweisen, der genau das Gegenteil von dem ist, was wir in dieser Welt erleben.
Die Freuden dieser Welt sind wahrscheinlich trügerischer als ihr Schmerz. Aber es gibt weder in den Freuden noch im Schmerz dieses Lebens eine wirkliche Tiefe, einen substantiellen Wert. Die Tragik dieser Freuden und Leiden besteht darin, dass sie ganz und gar oberflächlich und brüchig sind. Wenn ein Vater Tränen um sein totes Kind vergießt, trauert er um den Verlust seiner eigenen Freude, ohne an das Schicksal des Kindes zu denken. Der Egoismus der lieblosen Art hat sich in der menschlichen Natur festgesetzt. Unser Lachen und unsere Tränen sind gleichermaßen trügerisch. Sie sind die Reflexe des Gewinns oder Verlusts von flüchtigen, trivialen, hässlichen Sinnesfreuden. Der bankrotte Kommerz bietet der wahren Funktion der Seele keinen gebührenden Anreiz, deren Verwirklichung allein unsere wahren Bedürfnisse befriedigen kann.
Die Pastimes von Sree Krishna in Braja werden von einer Art so genannter Moralisten verurteilt, denen sie den unverhüllten sexuellen Aktivitäten im Naturzustand zu ähneln scheinen. In Braja gibt es nichts, was moralischen Zwängen entspricht. Es gibt nicht einmal eine Gesinnung, die solch einer Zurückhaltung entspricht. Aber die wahre Erläuterung dieser Charakteristik, die von Menschen vorgebracht wird, deren makellose Seelen keinen inneren Schmutz unter der Tünche der konventionellen Moral dieser Welt zu verbergen haben, kann nur von jenen nicht geglaubt werden, die absolut keinen Sinn für die Realität haben.
Die Verehrer der weltlichen Ästhetik lehnen die Pastimes von Braja auch wegen ihrer hässlichen Grobheit ab. Außerdem, welch schauderhafter Graus, dass ein einziger Mann den Anspruch erhebt, das Vergnügen aller verheirateten und unverheirateten Ehebrecherinnen dieses seltsamen Reiches zu monopolisieren. Ist das nicht sowohl verrucht als auch langweilig?
Es ist zweifellos ein Grauen, wenn das auf der weltlichen Ebene von weltlichen Akteuren aufgeführt wird. Kein Mensch mit gesundem Menschenverstand muss von der Grobheit eines solchen Bildes aufgeklärt werden. Aber warum sollte es notwendig sein, dass die entsprechende Aktivität auf der vollkommenen Ebene der Wirklichkeit, sich nach den besten (?) Sitten der zivilisiertesten Gesellschaft dieser unreinen Welt verstecken soll? Die Shastras sagen uns nicht, dass das Land Braja von Männern und Frauen bewohnt wird, die Körper aus Fleisch und Blut besitzen. Warum sollten wir also bestrebt sein, die Bewohner von Braja Beschränkungen zu unterwerfen, die die groben und unheilsamen Bedingungen der weltlichen Existenz nicht wirklich verbessern?
Wenn die Seele frei vom Materiellem ist, d.h. von unheilsamen Einflüssen, warum sollte sie nicht voller allumfassender Güte, Intelligenz und Schönheit sein? Warum sollten wir an unseren gegenwärtigen elenden Zustand festhalten, wenn wir aufgefordert werden, stattdessen auf die Ereignisse auf der ewigen Ebene der Seelen in ihrem reinen Zustand zu kontemplieren? Warum sollten wir entschlossen sein, den moralischen und unmoralischen Schmutz dieser unbefriedigenden Existenz in die von Natur aus reine Atmosphäre des transzendentalen Reiches zu zerren?
Der Grund für diese Abartigkeit ist, dass wir unverzeihlich eingebildet auf unsere irdischen Verdienste sind. Durch die Kultivierung der ausschließlichen Abhängigkeit von Unwissenheit, Bosheit und schmutzigem Leben durch zahllose Zeitalter hindurch, mittels jeder Art von tierischem und pflanzlichem Körper, haben wir eine hartnäckige Antipathie gegen Wahrheit, Schönheit und Güte entwickelt. Wir halten es sogar für unsere höchste Pflicht, dieses monströse Ideal des menschlichen Lebens zu verteidigen, obwohl wir seit langem wissen, dass es absolut unwahr, absolut hässlich und absolut verrucht ist.
Der Geschichtsbezug ist keine Hilfe auf dem Weg des geistigen Strebens. Richtig verstanden, sollte die Geschichte dem Menschen den im Grunde unheilsamen und trivialen Charakter des weltlichen Lebens verdeutlichen. Aber leider ist es der Kult der Geschichtlichkeit, die hässlichen Ereignisse dieser Welt in die verführerische Perspektive einer korrupten Imagination zu stellen. Wenn die spirituellen Werte der Ereignisse, die von den Empirikern am lautesten angepriesen werden, richtig untersucht werden, dann wird sofort diese irreführende Perspektive der gesamten weltlichen Geschichte den Personen enthüllt, die nicht hoffnungslos dem imaginären Ideal der weltlichen Existenz verfallen sind.
Es ist nicht notwendig, dass irgendein Zweig des empirischen Wissens sich in bewusste Opposition zur Absoluten Wahrheit setzt. Die einzig wahre Aufgabe aller Zweige des empirischen Studiums ist es der Absoluten Wahrheit durch ihre negativen Erkenntnisse zu dienen.
Kein Zweig der empirischen Forschung braucht sich mit Lorbeeren schmücken, auf die er keinen Anspruch hat. Es gibt keinen Zweig der empirischen Forschung, der der Suche nach der Absoluten Wahrheit dient. Empirische Studien sind kodifizierte Aufzeichnungen unserer enttäuschenden weltlichen Erfahrungen, das ist ihr einziger Wert. Sie können nicht über Erfahrungen hinausgehen. Sie können nicht einmal die einfachsten Aufgaben erfüllen, wenn sie sich nicht ihrer eigenen Grenzen bewusst sind. Die sogenannten Errungenschaften der Völker auf politischem Gebiet, die den wichtigsten Bereich der historischen Forschung ausmachen, sind keine Errungenschaften der Seele. Sie sind das Ergebnis des erbarmungslosen Wirkens der täuschenden Energie Gottes, um die Aufmerksamkeit des Menschen mit den Belangen dieser Welt zu beschäftigen und ihn so zu zwingen, die ernsthafte Beschäftigung mit den höchst notwendigen Belangen seiner Seele zu unterschätzen und auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Dieser Aspekt der großen Weltereignisse sollte in geeigneter Weise dargestellt werden, um die weltliche Geschichte in ihrer wahren Perspektive zu präsentieren.
Der falsche Stellenwert, der der Geschichte der Völker durch Autoren beigemessen wurde, die zufällig völlig frei von jeglichem Geistessinn sind, hat die Perspektive des Menschen herabgesetzt und ihn dazu gebracht, sich nach eben jenen Dingen zu sehnen, die weder gut, noch schön, noch dauerhaft sind. Die verblendete Mentalität des Menschen hat eine große Menge an Literatur hervorgebracht, die diesen unerwünschten Lebensstandard lobt. Diese Literatur hat ihrerseits den Maßstab dafür gesetzt, was in den Zivilisationen der Welt als gut, schön und von bleibendem (?) Wert angesehen werden sollte. Welch ein Berg von Unwahrheiten ist mühsam aufgetürmt worden, um den Blick auf die Wahrheit zu verhindern.
Die Ästhetik ist ein wichtiger Zweig der weltlichen Wissenschaft, Kunst und Literatur. Sie teilt deren Eigenschaft in ihrer Vorliebe für die Spreu gegenüber dem guten Weizen. Die Schönheit des fleischlichen Körpers von Mensch und Tier ist ihre letzte Inspirationsquelle (?), ebenso wie der Rest. In dieser Hinsicht geht sie Hand in Hand mit der weltlichen Poesie und Malerei. Die Aspekte der phänomenalen Natur, die die Sinne des Menschen ansprechen, werden ipso facto als schön angesehen, weil sie seine materiellen Sinne ansprechen.
Der Mensch ist in bestimmte Aspekte der Erscheinungsformen von Farbe, Geruch, Klang, Geschmack, Berührung und Fortbewegung in der Natur verliebt. Er geht davon aus, dass die Welt für die Befriedigung seiner Sinne geschaffen wurde, und zwar durch eine Form von Design-Argument. Er nimmt auch an, dass seine einzige legitime Funktion darin besteht, die sinnlichen Freuden des Lebens zu steigern und zu variieren, indem er die Natur zwingt, all ihre Schätze für seinen Genuss bereitzustellen. Es wird auch angenommen, dass dieses Glücksideal vom Menschen mit Hilfe der verschiedenen Zweige der Künste und Wissenschaften verwirklicht wird.
Wer die Weisheit eines Weges in Frage stellt, der sich bequemer weise gerade dann präsentiert, wenn wir uns entschieden haben gerade danach zu suchen, wird oft hastig als spekulativ und im praktischen Sinne als unzulänglich angesehen. Er wird an die Errungenschaften der modernen Zivilisation erinnert, die durch die systematische Verfolgung einer solchen Methode hervorgebracht wurden, und er soll den gegenwärtigen Stand der Dinge der Menschheit in der ganzen Welt mit der Vergangenheit vergleichen. Sollte man immer noch auf der Annahme beharren, dass das alles irreführend, nutzlos und böse ist?
Nehmen wir den Fall der modernen Malerei. Der Zeitgeist soll in ihr getreu widergespiegelt werden. Was kann die Kunst noch für uns tun? Ist es nicht die Aufgabe der schöpferischen Kunst, zu versuchen, unser gegenwärtiges Leben mit imaginären Reizen zu versehen, um unserer sinnlichen Befriedigung willen? Wenn der Maler uns etwas gibt, das nicht den Weg zur Befriedigung unseres verschärften Verlangens nach irdischem Genuss weist, wie soll er dann die wahre künstlerische Vision besitzen? Wenn er die Bedürfnisse unserer Natur versteht, sollte er uns das geben, was wir wirklich wollen. Es ist nicht seine Aufgabe, uns das zu geben, was wir uns wünschen sollten.
Wir meinen es ernst mit der lebendigen Gegenwart und wollen dieses Leben so voll und ganz genießen, wie es seine kurze Spanne und die fragwürdigen Ressourcen erlauben. Wir wollen dies mit allen Sinnen tun. Wir wollen auch, dass die Kunst uns dabei hilft. Die Sinne bedürfen sowohl des groben als auch des feinen Genusses. Beide Formen müssen von den Künsten und Wissenschaften in reichem Maße geliefert werden, um diese Forderung unserer Natur zu erfüllen. Die Sinnhaftigkeit dieser Strategie sollte eigentlich selbstverständlich sein. Jedenfalls würde kein Staat und keine Gesellschaft einen Tag überdauern, wenn sie einen anderen Weg einschlagen würde. Jede bestehende Institution ist und muss eine Einrichtung sein, die den Spielraum für die menschlichen Sinne vergrößert. Die Hoffnung des Menschen deutet in vieler Hinsicht darauf hin, dass die Natur in nicht allzu ferner Zeit durch diese Institutionen für den Genuss des Menschen in vollem Umfang zur Verfügung stehen wird.
Die Befriedigung der Sinne ist der vorgegebene legitime Zweck des Lebens. Der Verstand wird von den Sinnen geleitet. Der Verstand steht über den Sinnen, um ihnen zu dienen. Der Verstand ermöglicht es den Sinnen, den Weg ihres gemeinsamen Interesses zu gehen. Die geistige Funktion wird erfüllt, indem sie den Aktivitäten der Sinne dient. Der Test für gute Malerei sollte zum Beispiel darin bestehen, dass sie die Sinne direkt oder indirekt befriedigt. Gelingt es nicht, die Sinne zu befriedigen, sollte sich der Verstand sofort damit beschäftigen, einen Weg zu finden, die beleidigten Sinne zu besänftigen. Die Sinne beherrschen das ganze System.