Der richtige Blickwinkel

Geschätzte Lesezeit: 6 minutes

Ein Gespräch mit Major Rana N. J. Bahadur at Armadale, Darjeeling, am 14 Juni 1935. Ursprünglich veröffentlicht im Harmonist (Band XXXI, Nr. 21) am 27.Juni 1935

Frage:

Ich kann diese Welt nicht verstehen.

Antwort von Gauḍīya Goṣṭhī Pati Śrī Śrīla Bhakti Siddhanta Sarasvatī Gosvāmī Ṭhākura Prabhupāda

Wir führen ein Lagerleben. Diese Welt ist nicht unser ursprünglicher Aufenthaltsort, sondern sie dient einem bestimmten Zweck. Danach müssen wir in unsere ursprüngliche Heimat zurückkehren. Diese Welt ist kein wünschenswerter Ort. Es ist nicht gut, sich dazu verlocken zu lassen, eine lange Zeit hier verbringen zu wollen und dabei unseren ursprünglichen Aufenthaltsort zu vergessen. Dort sind wir bei Gott. Wir sind die ewigen Diener Gottes. Wenn wir beschließen, über das Universum regieren zu wollen, dann haben wir die Erlaubnis diese weltliche Ausstattung für eine Weile zu nutzen, um unsere Ziele zu verfolgen. Diese Mittel hier dienen nicht unserer ewigen Bestimmung. Es wäre besser, nach einem Ort zu suchen, an dem wir wirklichen Frieden finden können. Hier sind wir immer der Gefahr ausgesetzt, gestört zu werden.

Durch diese Störungen will uns die Vorsehung lehren, dass diese Welt nicht unser ewiger Aufenthaltsort ist, sondern, dass der wahre Frieden nur in Ihm zu finden ist. Wenn wir also gestört werden, entsteht der Wunsch, dass wir natürlich an den ursprünglichen Ort zurückkehren möchten. Das Leben in dieser Welt sollte friedlich und nicht im Geiste der Vergeltung geführt werden. Wir sollten lernen, all diese Dinge zu ertragen, indem wir uns Seinen heiligen Wünschen unterwerfen. Wenn wir das tun, können wir diesen Frieden auch hier finden.

Wir wurden hierhergebracht, weil wir den Ehrgeiz haben, zu herrschen. Die Bedingungen hier sind dergestalt, dass unsere Situation mit den Bedingungen verschmilzt. Wenn wir mehr verlangen, als uns zugestanden wird, sind wir in Schwierigkeiten. Es ist besser, wenn wir zurückkehren, zurück zu unserer wahren Stellung und zu unserem einzigen Freund.

Er ist die einzige Zuflucht für alle unsere Bedürfnisse und Wünsche. Wenn wir uns die Mühe machen, uns ins Unrecht zu setzen, dann geraten wir bei unseren täglichen Angelegenheiten in Schwierigkeiten.

Wir sollten uns nicht in Versuchung führen lassen. Die Angebote der ästhetischen Kulturschaffenden führen uns in die Irre, wenn sie uns glauben machen, dass diese Welt komfortabel sei.  Jede echte Verbesserung sollte uns zu Gott führen. Eine Verbesserung sollte uns alle nützlichen Dinge geben, mit denen wir diese Versuchungen hinter uns lassen können.

Da wir Menschen sind, sollen wir unser Ohr dem leihen, der uns die transzendentale Welt nahebringt, dahin, wo sich die besten Aspekte der Wirklichkeit zeigen. Hier leiden wir unter der Schwierigkeit einer getrübten Sichtweise. Deshalb ist es besser, nach jener Region Ausschau zu halten, in der jede Art von Erscheinungsform der Natur envogue ist.

Die Diener Gottes handeln immer zu unserem Besten. In dieser Welt sind uns unsere Freunde manchmal zugeneigt und manchmal wenden sie sich gegen uns. Aber hier haben wir die Möglichkeit, von Personen etwas über unsere ursprüngliche Heimat zu erfahren, da sie mit ihr vertraut sind. Wenn wir diese Gelegenheit verpassen, werden wir es auf lange Sicht bereuen. Ihre Worte werden uns erheben und unsere Mentalität verändern. Alle Arten von rätselhaften Fragen werden gelöst, wenn wir nur jenen Menschen ein offenes Ohr schenken, die nur wenig mit dieser Welt zu tun haben.

Unsere Situation in dieser Welt kann sich ändern wie der Nebel und wabernder Dunst. Als intelligente Menschen sollte es unserem besonnenen Wesen gelingen, manchmal von der transzendentalen Welt und der manifesten Natur zu hören, anstatt unverständliche Zurückhaltung in diesen Themen zu üben. Eine skeptische und kritische Einstellung erlaubt uns nicht, diese Chance wahrzunehmen.

Unser materieller Körper wird sich verändern und auch unsere gegenwärtige Situation. Aber wir befinden uns in einen transzendentalen Rahmen. Sobald wir verstehen, dass dieser transzendentale Rahmen in uns wirkt, wird diese sterbliche Spirale (von Geburt und Tod Anm. d. Übers.) keine Schwierigkeiten mehr bereiten.

Die Leute im Westen glauben, dass der Geist die Seele sei.  Hier unterscheiden wir uns. Es gibt eine umfangreiche indische Literatur, die die Ansicht unterstützt, dass die Seele der Eigentümer des Geistes ist. Der Geist ist der Stellvertreter der Seele, um mit der Außenwelt in fünf verschiedenen Beziehungen umzugehen: Als Ehemann und Ehefrau, Meister und Diener, Eltern und Kind, als Freund und neutral. Die Seele ist jetzt von einer fremden Macht umhüllt. Der Körper unterscheidet sich von seiner Kleidung. Die Seele wird von den grob- und feinstofflichen Körpern umhüllt. Sie sind dazu bestimmt, von der Seele für eine bestimmte Zeit benutzt zu werden.

Wenn die wahre Aktivität verborgen bleibt, dann handelt der Geist nur durch den Impuls der Sinne und bedeckt die Seele mit den materiellen molekularen Substanzen.

Aber die Seele ist das eigentliche Wesen. Die Sinne sind die Funktion, einige von ihnen sind für den äußeren und einige für den inneren Gebrauch zuständig. Das Grobe übt eine Anziehungskraft für den gewöhnlichen Menschenschlag aus, dafür ist es gedacht. Sogar unter den sogenannten Philosophen findet man Anhänger des Slogans, dass der grobstoffliche Körper in allen religiösen Angelegenheiten dieser Welt den Vorzug haben sollte (śarīram-ādya khalu dharma-sādhanam). Sie sind sehr mit den grob- und feinstofflichen Dingen beschäftigt und vernachlässigen die Gesundheit der Seele.

Materielle Dinge werden sich verändern. Diese Veränderungen erleichtern manchmal unseren Fortschritt und manchmal behindern sie ihn. Aber die Seele verändert sich nicht und kann nicht zerstört werden, doch sie ist anfällig von der subtilen, bzw., abstrakten Form der groben Materie in der Gestalt unserer vorübergehenden Geisteshaltung, die ein Geschenk Māyās ist, bedeckt zu werden. Māyā hat uns die Sinne gegeben, damit wir mit den angenehmen Dingen unseren selbstsüchtigen Größenwahn ermessen können.

Religiöse Menschen glauben, dass sie ihre Sinne nicht zu befriedigen brauchen, da sie nur der Täuschung dienen.

So können wir uns zum Beispiel täuschen, wenn wir annehmen, dass die Luft der Atmosphäre zu unserer Freude oder für vorübergehende Vergnügungen bestimmt ist. Wir sind anfällig uns durch diese störenden Faktoren beunruhigen zu lassen. Die Häufigkeit dieser Störfaktoren wird uns zeigen, dass sie zahlreicher sind als die Dinge, die uns Glückseligkeit schenken, das Einzige, wonach wir suchen sollten.

Das Zentrum der Ekstase liegt in Gott.

Alle angenehmen Empfindungen dieser Welt erweisen sich, wenn man sie richtig einschätzt, als nur vorübergehend, und beanspruchen später alle unsere Erfolge für sich. Das ist die Schulungsebene. Auf dieser Ebene haben wir die Neigung zu glauben, dass alles dazu bestimmt ist, uns zu dienen. In Wahrheit aber sollen wir Gott in den fünf verschiedenen Aspekten dienen.

Erst wenn wir es für angebracht halten, auf diese Welt herabzukommen, um uns zu unserem Vergnügen über andere endliche Lebewesen zu erheben, vergessen wir in gewissem Maße unsere wahre, innewohnende Stellung. Dieser Fall tritt ein, wenn wir unseren Herrn berauben wollen. Diese Haltung ist inhärent. Sie hat uns dazu gebracht, dass wir dieser zeitlichen Region dem Vorzug gaben. Das war unser eigener Wunsch.

Diese Verstrickungen werden sich langsam auflösen, wenn wir Menschen begegnen, die sich unserer Interessen bewusst sind, und uns den richtigen Rat geben. Sogenannte Optimisten wollen solche scheinbar pessimistischen Gedanken vermeiden. Sie ziehen es vor, sich den Schwierigkeiten auszusetzen. Aber unser einziger Zufluchtsort soll das Absolute sein. Der einzige Pfad, den wir einschlagen sollten, ist das Hören. Wir sollten bereit sein zu hören, wie wir ein friedvolles Leben führen können und wie wir danach streben können, ewige Glückseligkeit vom Absoluten zu erlangen; nur vom Absoluten können wir sie empfangen. Wenn wir uns Ihm (den Herrn Anm. d. Übers.) nicht ergeben, dann gibt es keine Möglichkeit in diese ewige Region hineinzugelangen. Wenn wir uns stattdessen in unzählige Spekulationen verlieren, dann werden wir uns selbst im Wege stehen.

Anstatt als herrschende Akteure zu posieren, sollte unsere Vorherrschaft darin liegen, Gott zu dienen. Er ist die Quelle von allem Manifestiertem, und alle Aktivitäten sollten auf Ihn ausgerichtet sein, ohne irgendeinen kommerziellen Ertrag zu erhoffen.

Wir sind Philister und dem theologischen Denken abgeneigt. Wir sind darauf aus, Geld zu verdienen, Ruhm zu erlangen und uns zu vergnügen. Das ist hier die natürliche Tendenz. Diese ganze Propaganda über das Nicht-Absolute ist auf den Widerwillen dem Absoluten zu dienen zurückzuführen. Wir sollten daher den Beschreibungen der Transzendenz unser Ohr leihen, um zu verstehen, wie wir die wahre Frucht der Seele erlangen können, anstatt uns vom Geist täuschen zu lassen. Der Geist ist der Stellvertreter der Seele. Er ist immer darauf bedacht, seine eigenen Interessen mehr und mehr auf Kosten des Auftraggebers zu verfolgen. Wenn letzterer meint, dass er seine Tage in Trägheit zubringen soll, dann wird er natürlicherweise vom Geist getäuscht.

Die schlummernde Seele muss geweckt werden. Unsere Intelligenz, Voraussicht und unsere Wünsche sollten so eingesetzt werden, dass wir Fortschritte auf dem Weg zum ewigen Leben machen. Zeitweilige Vergnügungen werden uns auf lange Sicht zwangsläufig Schwierigkeiten bereiten.

©
derharmonist.de
2024
Top magnifiercross linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram