Warum wollen wir Kṛṣṇa nicht lieben?

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Von Śrīla Bhaktivedanta Trivikrama Maharaja [Mathura, India: October 1996]

Wir wollen das tun, was uns am meisten Freude bereitet. Die Vorliebe dafür wird ruci genannt. Warum wollen wir Kṛṣṇa nicht lieben? Warum dienen wir ihm nicht gern? Das ist der Punkt unserer heutigen Diskussion. Wir mögen das, was uns durch unsere Sinne Vergnügen bereitet; aber Kṛṣṇa ist so, dass Er nicht durch unsere Sinne erkannt werden kann. Er ist transzendental, und deshalb ist Er unseren Sinnen gegenüber transzendental. Unsere Sinne können Ihn weder erkennen noch erreichen. Mit unseren Sinnen können wir nicht schmecken, ob Er süß ist oder nicht. Weil unsere Sinne weltliche Dinge kosten, werden wir entweder von diesen Dingen angezogen oder wir lehnen sie ab. Wir versuchen nie, etwas zu erlangen, das unseren Sinnen nicht gefällt. Wir mögen Kṛṣṇa nicht, weil wir Ihn nicht mit unseren Sinnen wahrnehmen können.

Unsere Augen können ihn nicht sehen, unsere Ohren können sein Flötenspiel nicht hören, unsere Nase kann seinen Duft nicht riechen und unsere Zunge kann seinen Namen oder seine Eigenschaften nicht artikulieren.

Weil das alles jenseits unserer Sinne liegt und wir keinen Geschmack für Seine Attraktivität entwickeln können, empfinden wir keine Zuneigung zu Ihm. Wenn wir Ihn kosten könnten, könnten wir Ihn lieben. Solange wir Seine Süße nicht kosten können, fühlen wir uns nicht zu Ihm hingezogen und können nicht wissen, ob Er gut oder schlecht ist. Mit unseren Ohren hören wir von anderen, dass Kṛṣṇa sehr attraktiv und süß ist und dass Er der Beste ist. Solches Hören hat mit Verwirklichung nichts gemein, da wir uns entscheiden können, ob wir das Gehörte glauben wollen oder nicht. Diejenigen, die es glauben, können Ihn erreichen, wenn sie sich um Ihn bemüht haben, aber diejenigen, die es nicht glauben, werden Ihn niemals erreichen. Ist das nicht die Wahrheit? Was müssen also die Menschen tun, die Ihn ernsthaft erreichen wollen?

tasmād guruṁ prapadyetajijñāsuḥ śreya uttamam

śābde ca pare ca niṣṇātaṁbrahmaṇy upaśamāśrayam

(Śrīmad-Bhagavatam 4.29.55)

Jeder Mensch, der ernsthaft den Wunsch hat, wirkliches Glück zu erlangen, muss einen echten spirituellen Meister aufsuchen und durch Einweihung Zuflucht bei ihm suchen. Die Qualifikation eines spirituellen Meisters besteht darin, dass er die Schlussfolgerungen der śāstra durch Erwägungen und Argumentation verwirklicht haben muss und somit in der Lage ist, andere von diesen Schlussfolgerungen zu überzeugen. Solche großen Persönlichkeiten, die alle materiellen Betrachtungen hinter sich gelassen und vollständig Zuflucht bei der Höchste Persönlichkeit Gottes genommen haben, sind als Bona Fide spirituelle Meister zu verstehen

Wenn wir das beste Subjekt, Kṛṣṇa, kennenlernen wollen, sollten wir uns einer Person hingeben, die vollkommenes Wissen über Ihn besitzt, und die berufen ist, über dieses Subjekt zu lehren. Diese Person ist Gurudeva. Gurudeva kann uns Kṛṣṇa erläutern, weil er Ihm sehr nahe ist und weil er Ihm dient. Gurudeva ist Kṛṣṇas vertraute Kraft. Solange wir nicht den Schutz von Gurudeva annehmen, können wir die Süße Kṛṣṇas nicht erfahren. Das ist der Grund, warum wir Ihn nicht mögen oder  ruci für Ihn nicht entwickeln.

māyā-mugdha jīvera nāhi svataḥ kṛṣṇa-jñāna
jīvere kṛpāya kailā kṛṣṇa veda-purāṇa

(Śrī Caitanya-caritāmṛta, Madya. 20.122)

„Die bedingte Seele kann ihr Kṛṣṇa-Bewusstsein nicht durch eigene Anstrengung wiederbeleben. Aber aus grundloser Barmherzigkeit hat Śrī  Kṛṣṇa die vedische Literatur und ihre Ergänzung, die Purāṇas, verfasst."

In unserem Stadium sind wir so sehr von maya überwältigt, dass wir kein Wissen über Kṛṣṇa haben. Wer ist Kṛṣṇa? Wir können es nicht erklären. Wir haben keine Vorstellung davon, wer Er ist. Der Mensch, der von maya überwältigt ist, hat kein Wissen über Kṛṣṇa, die Höchste Persönlichkeit Gottes. Er kann Kṛṣṇa nicht sehen. Er kann ein Flugzeug sehen und verstehen wie es funktioniert, und er kann es anderen beschreiben. Aber er kann nicht erklären, wer Kṛṣṇa ist, weil er keine Kenntnis von Ihm hat. Warum sind wir in materiellen Dingen weise, aber nicht in transzendentalen Dingen? Kṛṣṇa, prema und bhakti sind transzendental. Solange wir uns nicht in die Obhut der transzendentalen Person begeben, können wir nichts über den transzendentalen Bereich wissen.

tad-vijñānārthaṁ sa gurum evābhigacchet …

(Mundaka Upaniṣad 1.2.12)

„Man muss sich einem echten Guru nähern, um dieses transzendentale Wissen zu gewinnen."

Unsere heiligen Schriften geben diese Anweisung. Wer Kṛṣṇa kennenlernen will, sollte zu einer Person gehen, die Ihn kennt. Diese Person ist Gurudeva, der göttliche Meister. Man kann sagen, dass jemand, der sich mit aufrichtigem Herzen bemüht, alles erhalten wird, so wie es Ekalavya tat.

Obwohl Dronacarya Ekalavya nicht als seinen Schüler akzeptierte, bemühte sich Ekalavya vor dessen Bildnis, die Kunst des Bogenschießens zu erlernen. Ekalavya war so erfolgreich, dass er sabda bhedi bana beherrschte, die Fähigkeit, einen Pfeil präzise abzuschießen, indem er einfach das Geräusch seines Ziels hörte. Jemand mag das Beispiel von Ekalavya zitieren, um die Frage zu stellen, warum wir kein Wissen über Kṛṣṇa erlangen können. „Wenn wir uns anstrengen, werden wir sicher zum Ziel gelangen, wozu ist also die Hingabe zu einem Guru nötig? Kṛṣṇa wird nicht nur von einigen Leuten gekauft; Er ist für alle da. Er ist nicht parteiisch. Warum sollte Er mich nicht segnen? Ich werde Seine Segnungen sicherlich erhalten, wenn ich mich darum bemühe." Diese Art der Nachforschung ist in unserem Wissen vorhanden. Aber warum hatte Ekalavya Erfolg beim Bogenschießen und wir sind erfolglos, wenn es darum geht, Gott zu erlangen und warum?

Die Antwort ist, dass das Bogenschießen eine materielle Wissenschaft ist. Durch einen materiellen Prozess können wir materielles Wissen erlangen. Aber Spiritualität ist nicht materiell, und Kṛṣṇa kann nicht durch einen materiellen Vorgang erlangt werden. Er ist spirituell und der Vorgang, um Ihn zu erreichen, muss ebenfalls spirituell sein, aber wir haben kein Wissen über das Spirituelle. Die Ausbildung, die wir in der Schule oder im College erhalten haben, hat sich auf materielle Themen bezogen, nicht auf spirituelle. Sie vermitteln Wissen indirekt, nicht direkt. Sie sagen, dass es etwas gibt, das spirituell ist, aber was dieses Ding ist, können sie nicht sagen. Die Ärzte oder Chirurgen operieren an diesem Körper, aber sie finden den Spirituellen Geist nicht. Bis jetzt wurde noch kein Instrument entwickelt, das diesen Spirituellen Geist erkennen kann. Aber jeder muss akzeptieren, dass der Körper nicht funktioniert, wenn der Spirituelle Geist den Körper verlässt. Die Anwesenheit des Spirituellen Geistes ist die Hauptursache für das Funktionieren des Körpers, denn der Körper ist träge und materiell. Er ist immer materiell. Er ist nicht manchmal spirituell und manchmal materiell.

Ich kann zum Beispiel diesen Stock bewegen. Ist er spirituell geworden, nur weil er sich bewegt? Nein. Er ist immer materiell und leblos. Er hat keine Sinne, kein Gefühl, er kann sich nicht bewegen, usw. Dieser Körper ist genauso. Aber wir denken, dass wir uns bewegen, weil Materie vorhanden ist. Nein, der Körper bewegt sich, weil der Spirituelle Geist darin wohnt. Was ist dieser Spirituelle Geist? Woher kommt er? Wo wohnt er? Unsere Veden bringen uns diesen Spiritualismus bei, das Sanātana Dharma.

Die spirituelle Kultur gibt es in Indien, aber nicht in anderen Teilen der Welt. Deshalb kommen die Menschen nach Indien, um die Spirituelle Wissenschaft zu kennenzulernen. Die Veden, die Upaniṣaden, all das ist hier vorhanden. Aber es tut uns leid, sagen zu müssen, dass wir unsere eigenen Wissenschaften nicht kennen. Dies beschreibt ein bengalischer Dichter, Michael Madhusūdana Datta, der nach England ging, um sich weiterzubilden, um höheres Wissen zu erlangen, und der Christ wurde. Am Ende seines Lebens schrieb er dieses Klagelied:

he bharat bhāṇḍāre tave vividaratan ta save avadani

paradhamelobhe kodi bhavan paradesi dikha dikhi duhka ‘nyasu

„Was gibt es nicht in Indien? Das Beste ist hier, aber ich bin so ein Dummkopf, ich bin für eine höhere Ausbildung in ein westliches Land gegangen.“

Wir sind auch so töricht und gehen nach England, Amerika und Russland um eine höhere Bildung zu erhalten, obwohl die Leute aus diesen Ländern zugeben, dass sie das beste Wissen aus Indien bekommen. Wir sind so von maya überwältigt, dass wir unseren Vorgesetzten, unseren rsis und Heiligen Schriften weder respektieren noch gehorchen. Diese wahre Historie wird nun Mythologie genannt. Wir betrachten es als unnötig unsere Schriften zu lesen, glauben, dass sie für nichts zu gebrauchen sind und in dem Sinne unterrichten wir die kleinen Jungen. Auf diese Weise werden sie zu Atheisten.

nilakasera kauna khane, porira sab korche khela parijate phul

bonemithya aulik kalpana. kam-dhenu svarna lata chalanaya bhulbo na

„In welchem Teil des blauen Himmels spielen die Engel? Im Wald der Parijata-Blumen. Das ist unwahr und eingebildet. Es gibt Wunsch erfüllende Kühe und goldene Weinstöcke." Diese betrügerischen Aussagen werde ich nie vergessen.

Eine bengalische Dichterin namens Man Kumari sagte: „Dass es Engel im blauen Himmel gibt, ist völlig falsch. In welchem Teil des Himmels sind sie? Es wird gesagt, dass sie dort spielen, aber das ist falsch. Wir haben sie nicht mit unseren Augen gesehen; deshalb sind sie nicht da."

Sie denkt so: „Ich bin blind. Ich habe keine Kraft zu sehen, und deshalb sind alle blind.“ Daraus schließt sie, dass es keine Engel gibt. Sie sagt: „Nilakasera kauna khane, porira sab korche khela". „In welchem Teil des Himmels spielen sie?" Parijata phul bone, „Sie spielen im Wald der Parijata-Blumen. Das ist alles falsch und eine Einbildung; es ist nicht wahr." Kāma-dhenu svarna lata „Wunsch erfüllende Kühe und goldene Reben? Was die kāma-dhenu, ein Wunsch erfüllende Kuh, betrifft, so wird im Mahābhārata ein Kampf beschrieben, um diese kāma-dhenu aus den Händen vom Vater von Parasurama und Jamu zu befreien. Aber Man Kumari sagt, dass das alles falsch ist und dass unsere Schriften voll von falschen Erläuterungen und Aussagen sind.

Eine solche Erziehung wird unseren Jungen zuteil, und so haben sie keine Achtung vor unseren śāstras. Sie sagt: „Es gibt kein svarna lata, die Kletterpflanzen sind nicht aus Gold." In Vṛndāvana werden die Pflanzen kalpataru genannt. Was immer du von ihnen willst, können sie dir geben. Sie sagen, dies sei falsch. Die Erde und der Sand von Vṛndāvana sind aus kostbaren Edelsteinen, cintāmaṇi, gemacht. Was auch immer du von ihnen erbittest, sie können es dir geben. Das Wasser von Vṛndāvana ist amṛta, Nektar. Wenn du es trinkst, wirst du nicht sterben, du wirst nie wieder aus einem Mutterleib geboren werden. So lauten die Aussagen über Vṛndāvana. Aber weil wir diese Wahrheit nicht mit unseren Sinnen wahrnehmen können, schließen wir, dass sie falsch sind und niemals wahr sein können.

Kann ein siebenjähriger Junge den Berg Govardhana anheben? Wir halten das für eine Unwahrheit. Weil wir von maya überwältigt sind, wissen wir nicht, wer Kṛṣṇa ist. Wir denken, weil wir Gott nicht mit unseren Augen und anderen Sinnen wahrnehmen können, dass er formlos ist. Das ist unser Denken.

In den Upaisads wird gesagt:

yato vā imāni bhūtāni jāyanteyena jātāni jīvanti yat

prayanty  abhisaṁviśanti  tad brahma tad vijijnasasva

(Taittiriya Upaniṣad 3.1)

„Ihr solltet Brahma als denjenigen verstehen, aus dem alle Lebewesen geboren werden, mit dessen Hilfe sie leben und sich im Leben weiterentwickeln und in den sie wieder eintreten."

Dies sind eine Beschreibung und Definition von Brahma. All diese Schöpfungen, Tiere und Bestien werden aus Brahma erschaffen. In dieser Schöpfung, deren Schöpfer Er ist, sehen wir, dass die Menschen und andere Wesen eine Form haben. Wie ist es dann möglich, dass Gott keine Gestalt hat? Dass ein Kind, ein Sohn, eine Form hat, beweist, dass sein Vater und seine Mutter eine Form haben. Wenn sie keine Form haben, kann das Kind keine Form haben. Senföl entsteht durch das Pressen von Senfkörnern. Das beweist, dass Senfkörner Senföl enthalten. Wenn man Müll presst, kommt kein Öl heraus, weil der Müll nicht die Kraft hat, Öl zu produzieren. Dass alles von Brahma kommt und dass es verschiedene Formen in dieser Schöpfung gibt, beweist, dass alle Formen im Schöpfer vorhanden sind. Das wird nicht nur in unserem Sanātana Dharma akzeptiert, sondern in jedem Dharma, wie in der christlichen Religion.

In der Bibel heißt es: „Gott schuf den Menschen nach Seinem Bilde."

Was bedeutet das? Eure Form ist nicht formlos. Im Christentum gibt es zwei Denkschulen. Die eine gibt zu, dass Gott eine Form hat, die andere nicht. Das ist auch die Aussage in der muslimischen Religion, wo es ebenfalls zwei unterschiedliche Auffassungen gibt. In ihrer Schrift heißt es: „ina allaha khalaka main surat hi - Allah schuf den Menschen nach seinem Ebenbild", also ist Gott nicht formlos. Er hat eine Form. Außerdem hat er alle Formen, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Er ist allmächtig, der Besitzer aller Macht. Wir können uns das Ausmaß seiner Macht nicht vorstellen. Wir könnten uns niemals vorstellen, dass ein siebenjähriger Junge den Govardhana-Berg anheben könnte. Nur Kṛṣṇa kann dies tun.

Er tötete auch den Dämon Pūtanā, deren Brüste mit Gift beschmiert waren. Kṛṣṇa saugte, und Pūtanā starb. Aber wenn wir an ihren Brüsten gesaugt hätten, wären wir auch gestorben. Pūtanā hatte so viele Kinder auf diese Weise getötet, und sie wollte auch Kṛṣṇa auf diese Weise töten. Aber Kṛṣṇa ist nicht wie andere Säuglinge. Er ist der Schöpfer, die Quelle der gesamten Schöpfung, aber Pūtanā konnte das nicht verstehen. Wenn Kṛṣṇa als ein gewöhnlicher Junge vor uns erscheint, werden wir Ihn nicht als den Höchsten Herrn, den Allmächtigen, erkennen, weil unsere Sinne Ihn nicht erfassen können. Wie kann man Ihn dann erfassen?

tad-vijṣānārthaṁ sa gurum eva abhigacchet...

(Mundaka Upaniṣad 1.2.12)

„„Man muss sich einem echten Guru nähern, um dieses transzendentale Subjekt zu gewinnen.".

Dhruva ging in den Wald und rief: „Oh Madhusūdana, komm zu mir und erfülle mir meinen Wunsch. Ich möchte auf dem Thron meines Vaters sitzen." Um dies zu erreichen, gab er alles auf, sogar das Essen. Mit großer Anstrengung nahm er große Entbehrungen auf sich. Obwohl Nārāyaṇa mit Dhruva zufrieden war, konnte Er nicht vor ihm erscheinen. Er rief seinen Sohn Nārada und sagte: „Nārada, geh und sieh, wie Dhruva leidet". Nārada hätte sagen können: "Geh Du, er ruft dich", aber stattdessen ging er selbst zu Dhruva. Warum war es für Nārada notwendig, zu Dhruva zu gehen, wenn Dhruva tatsächlich nach Nārāyaṇa rief? Der Grund ist, dass Nārāyaṇa, wenn Er zu Dhruva gegangen wäre, dann wäre Dhruva nicht in der Lage gewesen zu begreifen, wer Er, Nārāyaṇa wirklich war. Um ihm das zu ermöglichen, wurde Nārada als göttlicher Meister, als Vertreter von Gottes Gnaden, als Gurudeva, dorthin geschickt, der alles Wissen über die Realität Gottes vermitteln kann. Solange wir diesen Vermittler nicht akzeptieren, können wir Śrī  Kṛṣṇa nicht kennen und verstehen, noch können wir ruci für Ihn entwickeln.

premāñjana-cchurita-bhakti-vilocanena
santaḥ sadaiva hṛdayeṣu vilokayanti
yaṁ śyāmasundaram acintya-guṇa-svarūpaṁ
govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi

(Brahma-saṁhitā 5.38)

„Ich vollziehe bhajana des uranfänglichen puruṣā, Śrī  Govinda, der Śyāmasundara Kṛṣṇa ist. Seine Gestalt hat unvorstellbar einzigartige Eigenschaften, und Seine  śuddha-bhaktās sehen Ihn ständig in ihren Herzen mit dem Auge der Hingabe, das mit der Salbe der Liebe bestrichen ist.“

Mit diesen materiellen Augen ist Er nicht sichtbar. Aber die Augen müssen mit diesem añjana, dieser Salbe bestrichen werden. Daher sind hingebungsvolle Augen notwendig. Die höchste Stufe der Hingabe wird prema genannt. Die Summe allen Wissens wird durch das prema erlangt. Solange wird dieses premañjana nicht anwenden, ist es nicht möglich Ihn zu kennen, zu lieben oder Süße, ruci für Ihn, zu kosten. Dieses prema jedoch kann man nicht so leicht erlangen. Wir müssen verschiedene Stufen durchlaufen.

ādau śraddhā tataḥ sādhu-saṅgo 'tha bhajana-kriyātato 'nartha-nivṛttiḥsyāt tato niṣṭhā rucis tataḥ saktis tato bhavastatah premabhyudancatisādhakānām ayaṁ premṇaḥprādurbhāve bhavet kramaḥ

(Bhakti-rasamṛta-sindhu 1.4.15-16)

„Am Anfang muss man den Wunsch nach Selbstverwirklichung haben. Dadurch erlangt man ein Stadium, in dem man versucht, mit spirituell höherstehenden Personen in Verbindung zu treten. In der nächsten Stufe wird man von einem erhabenen spirituellen Meister eingeweiht, und unter seiner Anleitung beginnt der Neophyt mit dem Prozess des hingebungsvollen Dienstes. Indem man unter der Anleitung des spirituellen Meisters hingebungsvollen Dienst verrichtet, wird man frei von allen materiellen Anhaftungen, erlangt Beständigkeit in der Selbstverwirklichung und bekommt Geschmack von der Absoluten Persönlichkeit Gottes, Śrī  Kṛṣṇa, zu hören. Dieser Geschmack führt einen weiter zur Anhaftung an das Kṛṣṇa-Bewußtsein, welches in bhava, der Vorstufe der transzendentalen Liebe zu Kṛṣṇa, gereift ist. Die wahre Liebe zu Kṛṣṇa wird prema genannt, die höchste Vollkommenheitsstufe des Lebens."

Da es viele Stufen gibt, muss man in vielen Klassen Prüfungen ablegen. Die erste ist śraddhā. Was ist śraddhā?

śraddhā’-sabde–visvasa kahe sudrdha niscaya

krsne bhakti kaile sarva-karma krta haya

(Śrī Caitanya-caritāmṛta, Madhya 22.62)

„śraddhā ist vertraulich, fester Glauben und Vertrauen, wodurch im transzendentalen Dienst zu Kṛṣṇa automatisch alle untergeordneten Tätigkeiten ausgeführt werden. Solcher Glaube ist hilfreich in der Ausführung des hingebungsvollen Dienstes.

Wenn man Kṛṣṇa dient, wird man allem dienen. Aber wir glauben nicht einmal an die allererste Stufe. Wir denken: „Welchen Wert hat es, Kṛṣṇa im Tempel zu dienen, wenn es Menschen gibt, die aufgrund von Nahrungsmangel und Mangel an Kleidung leiden? Welchen Sinn hat es, Milch auf den Govardhana-Hügel zu gießen?

Täglich fließt so viel Milch in den Abfluss; es gibt eine solche Verschwendung von Nahrung. Wozu gießt man Ghee auf das Feuer? Warum verschwendet man so viele Blumen? All diese Dinge sind nutzlos. Wenn wir sie den Armen schenken würden, wäre das praktischer."

Das ist die Denkweise von Leuten, die keinen Glauben bzw., śraddhā, besitzen. Aber so ein Denken hat keinen Wert. kṛṣṇe bhakti kaile sarva-karma kṛta haya, „Indem man Kṛṣṇa dient, ist allem gedient.“

Tasmin tuṣṭe jagat tuṣṭaḥ. „Wenn man Ihn erfreut, sind alle erfreut.“ Aber heutzutage zieht man es vor die Armen zu erfreuen, anstatt Gott zu erfreuen. Ihre Denkweise widerspricht den Schlussfolgerungen der śāstra, so wie ihre Doktrin, die sie predigen. Diese Vorstellungen überwiegen in der politischen Sphäre. Die Menschen glauben: „Es ist nicht notwendig Gott zu verehren und Religion ist unnötig. Es gibt keinen Gott.“ Es ist eine gottlose Gesellschaft. Wenn man sie fragt, woher diese Welt der Phänomene kommt, dann antworten sie: „Von der Natur.“ Aber wenn wir sie fragen: „Woher kommt dann die Natur?“ Dann ist da nur Stille.

Kṛṣṇa hat jedoch gesagt:

mama yonir mahad brahma tasmin garbhaṁ dadhāmy aham

Mein prakṛti, materielle Natur, ist der Leib, den ich mit den jivas schwängere.

(Bhagavad-gītā 14.3)

bhūmir āpo 'nalo vayuḥ khaṁ mano buddhir eva ca
ahaṅkāra itīyaṁ me bhinnā prakṛtir aṣṭadhā

„Meine materielle äußere Energie hat acht Unterteilungen: Erde, Wasser, Feuer, Luft, Geist, Intelligenz und falsches Ego.“

(Bhagavad-gītā 7.4)

apareyam itas tv anyāṁ prakṛtiṁ viddhi me parām
jīva-bhūtāṁ mahā-bāho yayedaṁ dhāryate jagat

„O Maha-baho, du solltest wissen, dass meine äußere Energie, die aus acht Teilen besteht, eine untergeordnete Stellung einnimmt. Es gibt eine andere Kraft von mir, die als jiva- svarūpa bekannt ist, die höher ist und die diese materielle Welt annimmt, um die Früchte des karmas zu genießen."

(Bhagavad-gītā 7.5)

Kṛṣṇa sagt:  „Alles wurde von Mir erschaffen.“

pitāham asya jagato mātā dhātā pitāmahaḥ
vedyaṁ pavitram oṁ-kāra ṛk sāma yajur eva ca

(Bhagavad-gītā 9.17)

Ich bin die Mutter, der Vater, der Erhalter und der Großvater des Universums. Ich bin das Objekt des Wissens und derjenige, der reinigt. Ich bin die Silbe OM. Ich bin auch die Rg, Sama und Yajur Vedas.“

sarva-yoniṣu kaunteya mūrtayaḥ sambhavanti 

yāḥ tāsāṁ brahma mahad yonir ahaṁ bīja-pradaḥ pitā

Oh Kaunteya, das Maha Brahma die große materielle Natur, ist die Mutter aus dessen Leib alle Arten von Leben geboren werden und ich bin der Samen spendende Vater.“

(Bhagavad-gītā 14.4)

Alles ist von Ihm erschaffen. Pita, Er ist der Vater aller Wesen. Indem man Ihm dient, ist alles, was mit Ihm verbunden ist, zufriedengestellt. Alles ist mit Ihm verbunden. Er ist die Zuflucht von allem. Niemand findet Frieden ohne Sein Obdach. Tasmin tuṣṭe jagat tuṣṭaḥ. „Wenn man Ihn erfreut, dann sind alle erfreut.“

yathā taror mūla-niṣecanena

tṛpyanti tat-skandha-bhujopaśākhāḥ

prāṇopahārāc ca yathendriyāṇāṁ

tathaiva sarvārhaṇam acyutejyātrpyanti

(Śrīmad-Bhagavatam 4.31.14)

"Wenn man die Wurzel eines Baumes bewässert, stellt man seine Äste, Zweige und Blätter zufrieden, und wenn man dem Magen Nahrung zuführt, befriedigt man alle Sinne des Körpers. In ähnlicher Weise befriedigt man automatisch alle Halbgötter und alle anderen Lebewesen, wenn man sich dem transzendentalen Dienst des Höchsten Herrn widmet."

Wenn man die Wurzel eines Baumes bewässert, wird jeder Teil des Baumes versorgt. Die Wurzel wird das Wasser an jeden Teil des Baumes verteilen, je nach Bedarf. Unsere Sinne funktionieren: unsere Augen sehen, unsere Ohren hören, unsere Hände arbeiten, usw. Was sollten wir tun, um sie zu nähren? Sollen wir sie separat füttern, indem wir den Augen und Ohren etwas Butter und Brot geben? Nein. Das ist nicht der richtige Vorgang. Durch den Mund führen wir dem Magen Nahrung zu, und der Magen verteilt sie nach Bedarf im ganzen Körper. tathaiva sarvārhaṇam acyutejyā: „Nur durch die Verehrung Śrī  Bhagavans wird jeder verehrt. Ich werde Acyuta dienen, der die Wurzel ist. Indem man der Wurzel dient, wird allen gedient. So steht es in den Veden und Purāṇas. Wir bemühen uns, jeden mit unserem Herzen und unserer Seele zu dienen, aber das Ergebnis ist das Gegenteil von dem, was wir erwarten. Je mehr wir uns bemühen, desto gegenteiliger ist das Ergebnis. Wir denken, dass wir durch solchen Dienst immer glücklicher werden, aber stattdessen werden wir immer unglücklicher. Und warum? Weil der Prozess falsch ist. In alten Zeiten betete jeder zu Gott. Jeder versuchte, Ihn durch seine Handlungen zufrieden zu stellen. Aber heutzutage denkt jeder: „Es ist unnötig, Gott zu dienen. Statt Gott zu dienen, sollten wir die Bedrückten und Armen verehren und zufriedenstellen." Wir verfolgen jetzt solche Gedanken, aber Kṛṣṇa sagt: „Wenn ihr Mich liebt, wird jedem gedient werden." Das ist die Lehre der śāstra.

avajānanti māṁ mūḍhā mānuṣīṁ tanum āśritam
paraṁ bhāvam ajānanto mama bhūta-maheśvaram

„Wenn ich in Meiner den Menschen ähnlichen Form erscheine,  werde ich von den Leuten mit weltlicher Intelligenz missachtet, weil sie meine Meine Natur als der Höchste Herr aller Wesen nicht begreifen  können.

(Bhagavad-gītā 9.11)

Das ist die Aussage von Kṛṣṇa. Avajānanti  mudha. „Jene, die von maya überwältigt sind, haben kein richtiges Wissen. Sie betrachten Mich als einen einfachen Menschen. Sie denken: „Kṛṣṇa ist ein Kuhhirtenjunge.“ Sie wissen nicht wer Er wirklich ist. Śrī  Kṛṣṇa sagt: „Was zu sprechen von ihnen, nicht einmal Brahma konnte Mich verstehen. In Meinem līlā in Vraja sah Mich Brahma mit Meinen Kuhhirtenjungen und dachte: 'Das ist meine Schöpfung. Ich erschuf Nanda Maharaja und Kṛṣṇa seinen Sohn.'“ Später offenbarte Sich  Kṛṣṇa Brahma und nachdem er diese Barmherzigkeit erfahren hatte, betete Brahma:


naumīḍya te ’bhra-vapuṣe taḍid-ambarāya
guñjāvataṁsa-paripiccha-lasan-mukhāya
vanya-sraje kavala-vetra-viṣāṇa-veṇu-
lakṣma-śriye mṛdu-pade paśupāṅgajāya

„Lord Brahma sprach: „Mein lieber Herr, Du bist der einzig verehrungswürdige Herr, die Höchste Persönlichkeit Gottes und daher bringe ich Dir meine demütige Ehrerbietung und Gebete dar, um Dich zu erfreuen. Oh Du Sohn des Königs der Kühe, Dein transzendentaler Körper ist dunkelblau wie eine frische Wolke, Dein Gewand ist strahlend wie ein Blitz und die Schönheit Deines Angesichts wird betont von den Gunja-Ohrringen und der Pfauenfeder auf Deinem Kopf.  Du trägst Girlanden aus verschiedenen Waldblumen und Blättern, ausgestattet mit einem Hirtenstab, einem Büffelhorn und einer Flöte und da stehst Du, wunderschön mit einem Bissen Speise in der Hand."

(Śrīmad-Bhagavatam 10.14.1)

„Oh Herr, Du wirst von allen verehrt. Du bist mein verehrungswürdiges Objekt. Ich werde nicht von Dir verehrt." Unzählige Male wurde Brahmaji  von Kṛṣṇa  verwirrt. Dieser Ort, an dem Brahmaji sich verwirren ließ, gibt es immer noch in Vṛndāvana, und wir werden dorthin gehen. Dieses Pastime ist kein Mythos, auch wenn unsere Schulen und Hochschulen das lehren. Es ist in Wirklichkeit die Wahrheit. Diese Art der Erziehung zerstört unseren Glauben und sollte revidiert und durch die traditionelle Methode der alten Tage ersetzt werden. Wir sollten die Erziehung unserer alten Veden und Purāṇas nicht aufgeben.

Jetzt werden wir nach westlichen Lehren erzogen: „Iss, trink und sei fröhlich!"

Wir denken, wenn wir uns in Mantel und Hose kleiden und Englisch sprechen, sind wir ein Mann der Oberklasse. Neue Ideen werden eingeführt: „Warum sollten wir Ehen kontrollieren? Heiraten kann man überall und jeden, den man will". Alles wurde zerstört und der europäische und westliche Stil wurde eingeführt. Und wir sagen: „Seht ihr, wir sind so wie ihr, wir folgen euch. Wir wurden so frei, dass wir zu euren Sklaven wurden.“ Diese Tendenz, sich unserem vedischen Wissen und unserer Kultur nicht zu unterwerfen und zu studieren, ist der Hauptgrund, warum wir kein śraddhā haben und warum wir keine Liebe für Kṛṣṇa entwickeln. Dies sollte bedacht werden.

Hare Kṛṣṇa

J

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